märz 1998

Mario Jandrokovic
geschaut

Mozart und Kunsteingriffe

Mozart: Darf's a bisserl mehr sein?

»Da sagen die Leute sogar vor dem Essen Mozart zueinander«, bemerkte dereinst ein Amerikaner, nachdem sich Ortsansässige im Dialekt einen guten Appetit gewünscht hatten. Was würde der entnervte Gast erst sagen in Hinblick auf 2006? Daß Mozart, die Trademark der Stadt, anläßlich seines 250. Geburtsjahres auch gebührend im Umlauf sein wird, dafür sorgt nicht zuletzt ein neues Logo: Mozart ins Kreuz mit 2006 und Salzburg. Eine namhafte Jury, sie umfaßte die Festspielpräsidentin ebenso wie Design-Meister, hat den Entwurf von »Pentagram Design« aus London auserkoren, den man sich auch in zehn Jahren immer noch anschauen kann, so Inge Brodil vom Generalsekretariat für 2006. Die knalligen Farben, mit denen MOZART buchstabiert ist, muß der »kunstfehler« seiner Leser-Innenschaft vorenthalten, nur soviel sei gesagt: Das Logo wirkt wie ein Triumph über den Phantomschmerz, den offenbar die fünf bunten Olympia-Ringe hinterlassen haben.

Kunsteingriffe - die beste Verteidigung

Ein brisantes Thema wie »Kunsteingriffe - Möglichkeiten politischer Kulturarbeit« brachte in Form eines Symposions im RadioKulturhaus des Wiener ORF nicht nur helle Köpfe auf einem Fleck zusammen (mit Rolf Schwendter, Günther Jacob, Johanna Schaffer und Miriam Wischer seien nur einige genannt), sondern diente auch der Veranstalterin IG Kultur als anschauliches und herzeigbares Lebenszeichen, da Programm wie Form für Diskursives und Offensives standen. Beides blieb gleich einmal auf der Strecke, als KulturpolitikerInnen unterschiedlicher Couleur bei der Eröffnung ein gewohnt dünnes Solidaritäts- und Kompetenzsüppchen gewaltig zeitlich streckten - da half auch nicht die Würze von Hannah Arendt-Samples, die in den O-Ton von Chefsachensekretär Widmann gemixt wurden. Der Austausch zwischen Kultur und Politik manifestierte sich in Geduld und höflichem Geklatsche. Erfahrungen und Anekdoten hemdsärmeliger Kulturarbeiter plus theoretisch fundiertes Auf-den-Grund-Gehen sollten eigentlich kein unmotiviertes Aneinandervorbei ergeben, doch in gesprochenen wie geschriebenen Glossen stellte sich die altbekannte beleidigte Miene der Diskursfeindlichkeit ein, die wieder einmal einen vermeintlichen Konflikt zwischen praxisbezogener Bodenständigkeit und theoretischer Fundiertheit in der degoutanten nationalen Verkleidung Österreicher versus Deutsche austrug. Frühstücken in kleinen Arbeitsgruppen hätte an sich eine handfestere kulturpolitische Auseinandersetzung mit sich gebracht, doch ein Thema wie »Basisdemokratie versus Qualität« von Katrin Kneissel aus dem Sekretariat des Chefsekretärs für Kultur zog zwangsweise immerwährende Neutralität der Standpunkte nach sich. Was denn Qualität sei, wußte letztlich niemand mehr zu antworten. Katrin Kneissel zeigte dagegen rührende Anteilnahme an den Belangen der Basis. So bleibt erst mal zu hoffen, daß Kneissel beim Kulturprogramm zum EU-Vorsitz Österreichs die Basis nicht gänzlich gegen jene Qualität ausspielen wird, die in Sängerknaben, Tenören und angesehenen Kuratoren konserviert ist.