märz 1998

Wolfgang Drechsler
schön und gut

Meine neuen FreundInnen Mascao & Companera

Für passionierte SchokokonsumentInnen ist ein Ende der falschen Karies im falschen Leben in Sicht. Vorbei die Zeiten, wo sich der alte Zuckerl Mühlbacher durch die Abgabe von in unterschiedlichste Formen gegossene Schokolade meines kindlichen Vertrauens noch ziemlich sicher sein konnte. Der alte Herr Mühlbacher, übrigens Modernisierungsopfer, und meine Volksschulzeit sind Geschichte, dennoch vereint die Schokolade noch immer mehr Fragen als die nach dem letzten Stück in sich.

Eines besonders (zurecht) lästiges Verweises auf diese Fragen hat sich EZA/3. Welt in Zusammenarbeit mit dem ÖIE/Südwind Agentur im Rahmen des Schoko-Schwerpunktes »Chocomania« verschrieben. Der Themenkatalog beinhaltet scheinbar bekanntes - Herkunft der Rohstoffe, Handels- und Preisverhältnisse, Arbeits- und Lebensbedingungen der ProduzentInnen -, jedoch sprechen die Zahlen des heimischen Marktes eine andere Sprache. Abgesahnt wird wie immer im Norden und so geht bei Suchard (Bensdorp, Jacobs, Mirabell), Nestle & Co so richtig die »echt coole« Schiene ab.

In Anbetracht dieser Tatsache hat sich »Chocomania« erfreulicherweise die Aufgabe gestellt, auf verschiedenen Ebenen an Begrenzungszäunen für die ausufernden Lila-Kuh-Weiden zu arbeiten. Einerseits wird auf das Projekt Aufklärung gesetzt. Schwerpunkt Schokowerkstatt für Kinder: Hierbei wird versucht, über den Hedonismus der kleinen GroßabnehmerInnen ohne Einsatz des Zeigefingers soziale und ökonomische Zusammenhänge zu vermitteln. Für die Größeren wiederum ist am 18. März in der ÖGB-Zentrale ein Seminar mit VertreterInnen der Gewerkschaft Agrar-Nahrung-Genuß vorbereitet. Dem nicht genug wird mittels des neuen, fair gehandelten Schokoladensortiment »Mascao« und »Companera« eine konkrete Alternative zum multinationalen Ausbeuterschokotaferl geboten. Dies ist umso löblicher, zieht man die Bestrebungen der Monopoldis in Betracht, Schokolade wenn möglich ganz ohne Kakaobutter, dafür aber mit genetisch veränderten Ersatzstoffen bauen zu lassen.

Natürlich wird bei all dem nicht auf den kulturellen Zugang vergessen. Am 25. März gastiert das Teatro Vivo mit dem Stück »Chocomania« im Kulturgelände. Die aus Guatemala stammenden SchauspielerInnen werden dabei auf ihre Art und Weise (Ankündigung: wohltuender Wahnsinn) das Publikum mit den unterschiedlichen Gesichtern von Abhängigkeit konfrontieren. Dazu gibt es noch aktuelle entwicklungspolitische Hintergrundinformationen, freie Schokoladenverkostung sowie das Verzeichnis der Läden, in welchen der Trans-Fair-Stoff für die richtige Karies erhältlich ist.