april 1998

Ulrike Schmitzer

»Ich bin kein Isolationist!«

Peter Weiermair, der neue Direktor des Rupertinums

»Ich habe immer gewußt, welche Ausstellung ein Erfolg wird und welche nicht. Und ich weiß jetzt schon, daß meine erste Ausstellung `Ideal und Wirklichkeit. Das Bild des Körpers in der Kunst des 20. Jahrhunderts` ein großer Erfolg wird.« Das ist Peter Weiermair, dem neuen Leiter des Rupertinums, auch zu wünschen. Denn dann würde endlich die Talfahrt der Salzburger Landessammlung gestoppt. In Zeiten, in denen die Massen in Großausstellungen rennen und in denen die Bundesmuseen mehr und mehr Besucher verzeichnen, sank das Rupertinum ab. Im Vorjahr fanden nur 26.363 Besucher in das Museum in der Sigmund-Haffner-Gasse. So wenig Besucher gab es in der Geschichte des Rupertinums überhaupt noch nie.

Peter Weiermair meint den Grund dafür zu kennen: 20 Ausstellungen in einem Jahr, die eher zufällig aneinandergereiht wurden, sei zu viel. »Wir werden mehr selbst arbeiten und weniger Ausstellungen übernehmen. Es soll mehr Übersichtsausstellungen geben. Ich habe große Ausstellungsprojekte vor wie Die Geschichte der Fotografie von 1900 bis heute«, meint Weiermair. Der neue Direktor möchte »Blockbuster. Und mit dem Geld, das man da verdient, kann man Dinge machen, von denen die Leute dann in 20 Jahren sagen werden, das ist mir entgangen«.

Das Programm seines Vorgängers Otto Breichas sei zum Teil »sehr stur und eigensinnig« gewesen. Weiermair meint das nicht negativ. Auch er sei ein Überzeugungstäter. Dennoch habe Breicha einen entscheidenden Fehler gemacht. »Breicha hat sich gegen Internationalität gewehrt. Die österreichische Kunst ist aber mittlerweile international. Ich werde nicht mehr einen derartigen Nationalismus pflegen.« Das heißt, er will in Zukunft nicht mehr nur nationale Kunst sammeln. Internationalität habe aber nichts mit dem zu tun, was die Guggenheim Foundation oder Klaus Albr-echt Schröder mit seinem Museums-konzept für Salzburg vorhatten. »Das sind doch sehr kolonialistische Unternehmen, beachtenswert vom Marketing, aber eine totale Überfremdung. Ich bin strikt gegen Überfremdung, sei es Guggenheim oder die Vision Schröders hier einen deutschen Privatsammler zu installieren, der dann mit seiner Privatsammlung brillieren kann.« Weiermair hat vor, sich in die Salzburger Diskussion einzumischen. Und das wird bald sein. Denn jetzt hat sein Pendeln in der Übergangsphase zwischen dem Frankfurter Kunstverein und Salzburg ein Ende, die Abschiedsausstellung in Frankfurt ist gelaufen. Mit 1. Mai widmet sich Weiermair als alleiniger Chef des Rupertinums ausschließlich seiner neuen Aufgabe. Und sein neues Haus braucht dringend Bewegung. Weiermair fängt mit dem offensichtlichsten an: Der Mief soll aus den dunklen Räumen, die Mauern werden weiß, das Tor geöffnet, es wird Fahnen geben, der Skulpturenpark wird verändert und vor allem wird es mehr Pressearbeit für den süddeutschen Raum geben. »Ich will, daß die Leute aus München, Wien oder Innsbruck kommen und sagen, das kann man nur hier sehen«. Das Rupertinum soll deshalb die erste Adresse für Fotografie werden. Weiermairs Berufung kann auch in diesem Sinne gedeutet werden. Und als Präsident der International Association of Curators of Contemporary Art hat er beste Kontakte zu diversen Sammlungen in Europa. Und nun hat er endlich eine Sammlung, die auch einen »Tauschwert« darstellt, immerhin verfügt das Rupertinum über 12.000 Graphiken, Gemälde und Skulpuren und über 15.000 Werke der Fotokunst. Weiermair will seine Kontakte für Salzburg nutzen und er will hier auch mit Museen und Institutionen zusammenarbeiten. Je nach Projekt könnte er sich eine Zusammenarbeit mit der Universität, der Sommerakademie, mit dem Mozarteum, aber auch mit dem Filmkulturzentrum Das Kino vorstellen. Zunächst jedoch wird über Depots nachgedacht - gemeinsam mit dem Salzburger Museum Carolino Augusteum. Doch das wird das Hauptproblem nicht lösen: Das Rupertinum braucht ein zweites Haus. Ideal wäre die Trennung zwischen Fotografie/Graphik und Malerei/ Skulptur/Installation, meint Weiermair. Doch das heißt nicht, daß die Fotografie ausgegliedert werden muß. Weiermair träumt von einem Museum auf dem oder im Mönchsberg, denn die Architekturidee Holleins findet er »faszinierend«. Und er fügt hinzu: »Wir als Kuratoren wollen einen funktionierenden Bau. Und vieles an der Postmodernen Architektur ist in unserem Sinne nicht funktional, d. h. als Ausstellungshalle nicht zu gebrauchen.« Noch stellt sich dieses Problem nicht. Vorerst hat Weiermair mit einem Budget von fast 24 Millionen Schilling für 1998 zu wirtschaften. Es könnte auch noch mehr werden, denn der gebürtige Österreicher hat aus Deutschland eine wichtige Erkenntnis mitgenommen. Geld stinkt nicht, auch wenn es von Sponsoren kommt. Und gerade die Fotografie mit ihrem »Hochglanz«-Image findet leicht Geldgeber. Das Rupertinum ist auch für diese Art der Zusammenarbeit offen, denn derzeit ist es noch, so Weiermair, »ein Strumpf mit vielen Löchern«. Angezogen hat er ihn sich schon und er scheint ihm auch zu passen.