april 1998

Doc Holliday
wenn und aber

Der definitive Countdown zur Fußball-WM 98 - Teil 2

Beginnen wir dort, wo uns der Platzwart letzten Monat zurückgepfiffen hat: bei herausragenden Beispielen des argentinischen Rinderwahnsinns. Den originellsten Dopingtest des Jahrhunderts lieferte der Stürmer Mauricio Lopez ab. Nachdem er vier Halbe Lager hineingekübelt hatte und noch immer nicht (sein Wasser) abschlagen konnte, mischte er einfach etwas Bierhansl in das Testglas! Das nennt man wohl einen »Doppelpack auf argentinisch«: einerseits praxisnahe Bierbewertung, andererseits subtile Prüfung der Tester. Für den (halb)göttlichen Diego Maradona ist seltsames Verhalten ja nichts Neues und an den Kampf mit Autoritäten ist er auch gewöhnt. Ende 97 aber gelang ihm eine feine Synthese aus beidem. Unterstützt von den Stars Eric Cantona und George Weah gründete Maradona eine neue Spielergewerkschaft (AIFP), die versucht ein Gegengewicht zur allmächtigen FIFA zu werden. Besonders löblich ist die prononciert antirassistische Haltung der AIFP. Gerade in Südamerika ist eine starke Interessensvertretung auch für Berufssportler vonnöten. In Argentinien etwa können von 10 Profis nur 3 vom Fußball leben. Beim österreichischen Gruppengegner Chile streikten die Spieler der nationalen Liga in der vergangenen Saison: es gibt keine ordentlichen Verträge, Spieler werden nicht bezahlt und viele Vereine haben nicht einmal funktionierende Duschen. Im übrigen gilt auch in der chilenischen Politik das »Modell Argentinien«: Untersuchungsrichter, die sich mit den Verbrechen der Militärjuntas beschäftigen sollten, ermitteln nur dann, wenn das Schicksal von Verschwundenen aufgeklärt werden soll, aber nicht, um den Tätern den Prozeß zu machen. Die Zeiten der offen faschistischen Diktaturen scheinen vorbei zu sein. Sie sind vom kaum weniger brutalen Konkurrenzkampf des wirtschaftlichen Neoliberalismus samt seiner »Demokraturen« abgelöst worden. Der Terror der Mächtigen mit ihren Todesschwadronen bleibt aber für die Bevölkerungsmehrheit die entscheidende Erfahrung. Wenig überraschend spiegelt sich diese Gewalt auch in den Fußballstadien. Spieler, Trainer, Schiris und Zuschauer gleichermaßen sind häufig in beinharte Kämpfe verwickelt, in denen selbst Schußwaffengebrauch keine Seltenheit darstellt. So wurden in Argentinien in den letzten 20 Jahren weit über 100 Menschen beim Fußball getötet! Ansonsten bin ich der Meinung, daß das Deutsche Größenwahnsinnsreich rechtzeitig geschlagen werden muß!