april 1998

Didi Neidhart
gehört

HOLGER CZUKAY VS. DR. WALKER

Clash (Sideburn/EFA/Ixthuluh)

Die Wiege der Popmusik stand nicht in Memphis, sondern in Köln. Holger Czukay verläßt bei solcherlei Sagern bei weitem die Sphäre der Privatmythologie und holt dabei zu ganz Großem aus, heute wie damals, als er 1968 in einer Nacht- und Nebelaktion im Kölner Studio seines Lehrers Karlheinz Stockhausen seine erste Soloplatte aufnahm - an jenem Ort also, von dem aus damals mit Filtern, Generatoren und ähnlichem zu Sound-Ufern aufgebrochen wurde, die nie zuvor ein Mensch vernommen hatte. The Can, mit Czukay am Baß, stülpten die befreiende, jedoch strikte Klang-Lehre Stockhausens so um, daß die magische, ungestüme Energie des Pop zum Vorschein kam, und die Band wurde nicht von ungefähr von 7ties-Bands wie Joy Division, amerikanischen 8ties-Guitar-Maniacs und den Elektronik-Gurus der 9ties vergöttert. Nach zwanzigjähriger Bühnenabsenz und Studiotüftelei kehrt Holger Czukay, gemeinsam mit Dr. Walker, zum Format Live-Event zurück; beide präsentieren ein pulsierendes, aus dem Moment geborenes Fluidum, mit dem Can anno dazumal die Musik neu definierten. Der Sponti-Live-Remix fetzt jedenfalls dermaßen, daß die ganzen sich Can zitierenden Zeitgeister wie Westbam dagegen einfach alt aussehen.