april 1998

(Drax)
geschaut

Stadtkino 3000 oder wenn Urban mehr urbanen Raum fordert

Mitte Februar war es soweit: Die Szene präsentierte ihr Konzept »Stadtkino 3000 - Die kulturelle Zukunft der Stadt beginnt jetzt«. Bereits das Veranstaltungsbooklet machte dem/der geneigte(n) Interessent/en/in darauf aufmerksam, daß sich im Haus am Anton-NeumayrPlatz architektonisch einiges verändern sollte, wobei in Betrachtnahme der generell zügig voranschreitenden Entstehung neuer urbaner Räume (Bahnhofs-Vorplatz, Kongreßhaus) der Zeitrahmen 3000 durchaus realistisch gewählt schien.

Für die nähere Konkretisierung des angestrebten Vorhabens wurde denn ein Podium unter Mitwirkung von Michael Stollhofer, Fritz Urban (Ehrenpräsident der Szene) über Will Lackmayer (Architektur) bis hin zu einer Quotenjugendlichen aufgeboten, von wo aus mensch vorerst den Versuch einer Skizzierung der eigenen Befindlichkeit unternahm. Laut eigener Einschätzung sei das »Stadtkino in den letzten Jahren organisch in seine Rolle als größtes freies Kulturzentrum in Salzburg gewachsen« und stellt so »als Katalysator auch gegensätzlicher Aktivitäten in seiner Vielfältigkeit ein funktionierendes Gegenmodell zu den spezialisierten, oft defizitträchtigen Kultureinrichtungen« dar. Betonharter Beweis dafür sei der unbestritten höchst atmosphärische Stadtkino-Saal, der von zahlreichen Kulturinstitutionen, VeranstalterInnen und freien Gruppen stark frequentiert wird, sowie das »Stadtwerk Orange« mit seiner (kommerziellen) jugendkulturellen Ausrichtung.

Dies einmal klargestellt, war es ein kurzes die Gegenwart zu verlassen, um sich mittels einer Computeranimation dem neuen funktionalistischen Konzept zu widmen. Den virtuellen Heimwerkerkoffer aus- gepackt, wurde nun die starre Bühne und Tribünenfunktion einfach weggeschraubt und schon war er da, der gewünschte neue, multifunktionale Veranstaltungssaal. Doch wie weiter mit dem Foyerbereich, dem an diesen Abend oft angeführten Staubereich? Kein Problem! Wir steigen in den Lift und fahren eine Etage tiefer Richtung Erdkern. Dort vereint mit dem sichtbar gemachten Almkanal sollen zukünftig vornehmlich die Jugendlichen ganz im Sinne der postulierten Synergie bei so richtig clubbingmäßigen Mucken am Glas ziehen. Zum Abschluß wieder in den Lift, hoch, und durch den Ausgang retour in die Niederungen des hier und jetzt.

Was nun folgte, war leider nicht die thematische Konzentration auf den berechtigten Anspruch nach mehr (funktionalistischere) Raum sowie dessen konkreten Umsetzungschritte, sondern der absolut verfehlte Versuch der ganzen Geschichte das Gewand des vermeintlich Subversiven anzulegen, was angesichts der Zusammensetzung des Podiums ziemlich lustig wirkte. Zeitweilig sich wie in einem postmodernen HausbesetzerInnenplenum fühlend, führte einen erst die nicht-folgende Publikumsdiskussion sowie die Eröffnung des Buffets zurück in die Realität dieser Stadt.

Was bleibt ist ein engagierter Versuch für einen gediegenen, etablierten kulturellen Veranstaltungsbetrieb den als notwendig erachteten räumlich-funktionalistischen Umbau einzufordern, aber auch die Erkenntnis, daß fehlende Inhalte nicht durch den Rückgriff in die Perlenreiheausgabe »Schlagwörter der Alternativkultur« wettgemacht werden können.