mai 1998

Thomas Neuhold

Kommt ein Kultur- Schwarz-Buch?

Die Krise der staatlichen Kulturpolitik

Schon die Ankündigung roch irgendwie nach Persil und Mega-Perls: Eine von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe soll ein Weißbuch zur Kulturpolitik und -förderung in Österreich erstellen. Und das - wie so oft - ohne Beteiligung der Betroffenen. »Wir wissen nicht wirklich, was die tun«, so der neue Obmann der IG-Kultur, Gerald Raunig, gegenüber dem »kunstfehler«. Geht es nach dem IG-Chef, der rund 300 Kultureinrichtungen in Österreich vertritt, müßten in einem derartigen Weißbuch »endlich« Konzepte zur österreichischen Kulturpolitik zur Diskussion gestellt werden.

Nach den Erfahrungen der vergangenen acht Jahre sozialdemokratischer Kulturpolitik glaubt aber wohl niemand mehr so recht daran. Seit 1990, als auf Beschluß des Nationalrates im Kunstministerium die Abteilung für Kulturentwicklung eingerichtet wurde, habe sich nichts mehr getan, kritisiert Raunig. Die Befürchtung, daß das Weißbuch zum gebundenen Persilschein für jahrelange konzeptionelle Passivität wird, ist unter den Kulturschaffenden jedenfalls weit verbreitet.

Dabei hätte die österreichische Kulturpolitik dringend einen Schub nötig, meint der IG-Obmann. »Die Kultur« befinde sich angesichts der stagnierenden Budgets in einer »ökonomischen Krise«. Seit 1994 blieb man auf Bundesebene bei einem Wert von 1,1 Milliarden Schilling stehen. Daher auch die Forderung »Eine Milliarde für die Kunst«, die Mitte März von den KünstlerInnen und Kulturschaffenden erhoben wurde. Darüber hinaus gebe es aber auch eine »Krise der handelnden Personen«. Damit meint Raunig aber nicht nur »das Problem Klima-Wittmann« sondern auch, daß auf Gemeindeebene vielerorts »die Kultur oft wie die Müllabfuhr ins letzte Eck gedrängt wird«.

Angesichts der krisenhaften Zustände der Kulturpolitik zwischen Boden- und Neusiedlersee und angesichts der befürchteten Verlängerung des kulturpolitischen Stillstands auch nach Veröffentlichung des Weißbuches, denkt der Vorstand der IG-Kultur nun an die Herausgabe eines eigenen Schwarzbuches. Eigentlich müßte das Werk ja längst publiziert sein, nur sind die Kulturschaffenden hierzulande wieder einmal geduldiger als ihr Ruf.