mai 1998

Ulrike Schmitzer

Schreckgespenst Amerikanisierung

Ab Oktober bietet das ICCM ein teures Full-time Studium an

»Es ist interessant, daß gerade im Kulturbereich viele Studenten ein völlig anderes Wertsystem haben. Sie investieren in die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihre berufliche Karriere. Und dafür bringen sie oft wirkliche Opfer«, sagt Herwig Pöschl vom ICCM, dem International Center for Culture and Management in Salzburg. Herwig Pöschl hat sich mit seinem Programm darauf eingestellt. Ab Oktober werden die Opfer nun noch größer sein müssen. Denn das ICCM bietet erstmals in einem Full-time Studium die Ausbildung zum Master an. Wer drei Semester lang das »European Management Programme for the Arts and Media« studiert, kann das Zentrum mit einem akademischen EU-Diplom verlassen, als »Master oft Advanced Studies in Arts and Media Management«. Zuvor muß er allerdings die Kleinigkeit von 150.000 Schilling Kursgebühr berappen. ICCM-Leiter Herwig Pöschl sieht das durchaus selbstkritisch: »Das Schreckgespenst der Amerikanisierung hat auf unser Ausbildungswesen übergegriffen. Es ist leider so, daß hochqualifizierte Ausbildungslehrgänge hohe Studiengebühren mit sich bringen«, meint Pöschl. Im vergangenen Jahr finanzierte sich der Verein ICCM zu fast 73 Prozent aus Kursgebühren. Der Rest kam über Aufträge und Subventionen von Bund und Land zusammen. Der Kerngedanke: »Gutes Geld für gute Bildung« hat sich seit der Gründung des ICCM vor zehn Jahren bezahlt gemacht. Das in Salzburg relativ unbekannte Ausbildungszentrum beim Techno-Z brachte es mittlerweile zu einem der weltweit fünf größten Kultur-Ausbildungszentren. Daß da ein Ausbildungsmanko im Universitätsbereich sein muß, liegt auf der Hand. »Die Universität produziert am Markt vorbei«, wiederholt Andreas Putz, der stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft in Salzburg den oft gehörten Vorwurf. Sein Rezept zur verstärkten Konkurrenzfähigkeit der Universitäten: Die Unis müßten die Universitätslehrgänge, die als Zusatzangebot zum Studium gelten, noch viel mehr forcieren, meint er. Gelungene Beispiele seien der Universitätslehrgang für Markt- und Meinungsforschung in Wien (8.000 Schilling pro Semester), der Universitätslehrgang für Öffentlichkeitsarbeit in Wien (10.000 Schilling pro Semester) oder der Redaktionslehrgang für Magazinjournalismus (18.000 Schilling pro Semester), ebenfalls in Wien »Traurig ist es ja schon, daß man nach einem Publizistikstudium noch einen Journalistenkurs machen muß«, meint der Studentenvertreter. Da die Kurse aber relativ billig sind, hält sich der Zorn der Studenten in Grenzen. Und alles andere, wie es das ICCM bietet, sei eben ein freiwilliges Postgraduate. Ist das Master-Programme aber wirklich ein Postgraduate, sprich ein Studium nach dem Studium, oder ist es nicht doch ein besonders teurer Kurs? Die Liste der Teilnehmer, die dasselbe Master-Programme absolviert haben, als es noch blockweise unterrichtet wurde, schafft Klarheit: Es finden sich nicht einmal bei der Hälfte der frischgebackenen »Master« akademische Grade vor den Namen. Und im Informationsblatt des ICCM heißt es, daß »analog den Gepflogenheiten internationaler Management-Programme« berufliche Kenntnisse sehr hoch bewertet werden. Die unverhohlene Nähe zum Berufsleben ist es vermutlich auch, die das ICCM so erfolgreich macht. Im Unterricht haben Projekte Vorrang, die für das spätere Berufsleben wichtig werden sollen, Teamarbeit und Individualstudium stehen ganz oben auf der Liste der Zielsetzungen. In ganz Europa ist dieser Trend zur teuren Kulturausbildung nicht mehr aufzuhalten. Es gibt schon 80 derartige Ausbildungseinrichtungen, 56 davon haben akademischen Standard. »Es scheint auf den ersten Blick ein Paradoxon zu sein, in einer Zeit, in der die Kulturfinanzierung so große Probleme hat, so viele Interessenten zu finden. Das ist aber nur ein scheinbarer Widerspruch. Denn trotz allem entwickelt sich der Kulturbereich gut, und es entstehen viele neue Jobs. Außerdem entscheiden sich viele, ihr Mini-Unternehmen im Kulturbereich aufzubauen«, sagt Herwig Pöschl. Bis sich die Kulturinteressierten aber erst mal ICCM-Studenten und später vielleicht sogar Jungunternehmer nennen dürfen, steht ihnen meist ein geduldsames, sparsames Leben bevor: das Durchschnittsalter der Studenten liegt bei knapp 33 Jahren.