august 1998

Doc Holliday
geschaut

Der Mann mit der Kamera:

Nachruf auf Kurt Kren

Große Kunst kennt keine Kompromisse und Anbiederungen. Dementsprechend selten ist sie zu finden. Einer der wichtigsten Vertreter der heimischen Gegenwartskunst, Kurt Kren, wurde am 23.6. tot in seiner Wiener Wohnung aufgefunden. Der 68jährige war einer dieser seltenen Fälle, denen der aufrechte Gang wichtiger ist als das Schulterklopfen der Kunstschnösel-Schickeria und die Vereinnahmung durch Politiker. Als Folge davon verbrachte Kren fast sein ganzes Leben in bitterer Armut. Am 20.9.1929 in Wien geboren, kam er als 10jähriger wegen seines jüdischen Vaters mit einem Kindertransport nach Holland. 1947 kehrte er an die Donau zurück und erhielt als »Entschädigung« eine Anstellung in der Nationalbank. Der kulturelle Mief der Nachkriegsjahre veranlaßte ihn in den 50ern mit dem Filmemachen zu beginnen. Es entsteht ein radikal formal-ästhetisches Werk, das Österreich in die erste Liga des unabhängigen Experimentalfilms schießt. In den 60ern kollaborierte er mit dem »Wiener Aktionismus«, verlor deswegen seinen Brotberuf und emigrierte ein zweites Mal: zuerst in die BRD, dann in die USA. »Kurt, Du hast es weit gebracht! Aber bleib dort...«, meinte Freund und Kollege Ernst Schmidt jr., der übrigens vor 10 Jahren unter ähnlichen Bedingungen verstarb, ironisch. 1989 wurde Kren zwar nach Österreich zurückgeholt, eine Karriere blieb ihm aber weiterhin verwehrt.