august 1998

Ludwig Laher

Potemkinsche Kunstförderdörfer

Glanz und Elend des Salzburger Kulturfonds

Die Abhängigkeit der Kunst von der öffentlichen Hand, heißt es in einem Grundsatzpapier des Salzburger Kulturfonds, habe sich in den letzten Jahren als sehr nachteilig erwiesen. Begründet wird dies mit der notwendigen Sanierung der Haushalte, die »KünstlerInnen, Kultur-Manager und sämtliche Arbeitnehmer in diesem Bereich« in zunehmend schwierigere Situationen bringe. Wie wahr.

Doch jetzt tritt der Salzburger Kulturfonds auf den Plan, ein Stiftungsmodell großer Wirtschaftsunternehmen, allen voran Textil Teppich Möbel Leiner und Raiffeisen. Eine halbe Million Schilling im Jahr legen diese edlen Sponsoren auf den Tisch, zusätzlich helfen Kulturveranstalter Künstlern, indem sie etwa pro verkaufter Claudia Jung-Konzertkarte einen Schilling an den Fonds überweisen. Diese Konzertkarte wiederum ist an der Leiner-Kasse 50 Schilling wert. Auf diese Weise verirren sich weitere 10.000 (in Worten: zehntausend) Schilling pro Jahr in den Fördertopf. Ebner & Partner Kommunikationsplanung übernehmen für Gotteslohn die gesamte Organisation, Koordination, Medienarbeit, Produktion von Drucksorten und den Schriftverkehr.

Bewirbt sich nun ein/e Maler/in oder Autor/in, dessen/deren Kunst nicht marktgerecht genug oder gar nicht ausfällt, beim Salzburger Kulturfonds, um der Abhängigkeit von öffentlichen Händen zu entfliehen, liegt sein/ihr »Vorteil in der Chance auf Medienpräsenz schon alleine durch ihre Bewerbung«. Denn brav porträtiert der Kulturfonds wöchentlich auf einer Seite der Salzburger Nachrichten eine/n Kandidaten/in für einen der drei tollen Förderpreise pro Sparte, dotiert mit 25.000, 20.000 und 15.000 Schilling. Etwas Platz ist freilich alle sieben Tage für die Selbstbeweihräucherung der Sponsoren reserviert, auch die farbigen Logos von Leiner und dem Raiffeisen Club springen einem gefällig ins Auge.

Die kulturjournalistischen Meisterwerke selbst gipfeln in Höhepunkten wie diesem: »Detailreiche Naturbeschreibungen wechseln dabei mit existentiellen Fragen. Letztere werden insbesondere auch in seinen lyrischen Arbeiten deutlich.« Und gar manche/r ins Licht der Öffentlichkeit gerückte Bewerber/in wäre wohl besser nur für sich selbst Künstler/in geblieben. Professionelle Kunstschaffende setzen sich hingegen mit wenigen Ausnahmen dieser Peinlichkeit nicht aus.

Doch solch Treiben kostet Geld. Die Salzburger Nachrichten verrechnen einen verbilligten Anzeigentarif und brüsten sich deswegen in der Öffentlichkeit zynisch selbst als Förderer der Künste, während etwa drei Viertel der gesamten Kulturfondsmittel solchermaßen zu den SN wandern. Leiner und Raiffeisen hingegen haben eine ebenso billige wie regelmäßige Werbepräsenz in den SN, gestützt auf gezielte Marketing-Bestrebungen im Kulturbereich. Alles paletti.

Dabei gab es einmal eine Zeit, da luden die SN Autor/inn/en ein, gegen Entgelt Essays und Feuilletons zu schreiben, ohne sich groß als Kunstförderer vorzukommen...

Knapp 20 Prozent der Mittel also dienen tatsächlich dem Förderungszweck. Zwar ist man beim Salzburger Kulturfonds stolz auf nichtprofessionelle Juroren, doch der Anspruch an sie ist groß: »Formale, kunst-theoretische (sic!) Aspekte werden in die Beurteilung ebenso einfließen, wie stilistische und ästhetische (sic!) Gesichtspunkte. Vielleicht ein reizvoller Kontrast zu den gewohnten Fachjurien.«

Die Überreichung der Preise ist selbstredend ein großes Medienereignis, in dessen Mittelpunkt am Rande die KünstlerInnen stehen, mehr jedoch die großzügigen Förderer von Leiner, Raiffeisen und SN.

Ach ja. Und da sind dann noch Politiker, die Tollheiten wie diesen Salzburger Kulturfonds als Musterbeispiele für Innovation in der Kunstförderung hochloben und sich wie einst die große Katharina an p.r.-Fassaden vorbeifahren lassen. Der alte Potemkin jedenfalls durfte immerhin zur Zarin ins Bett dafür.

Ludwig Laher hat im Auftrag der Interessengemeinschaft österreichischer Autorinnen und Autoren eine Untersuchung über den Salzburger Kulturfonds verfaßt, die in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift »Autorensolidarität« nachzulesen sein wird.