august 1998

Wolfgang Drechsler

Über das Leben mit dem Tod

Hallein und seine Kultur

In der Rolle des Bettelstudenten hat sich in Zeiten wie diesen so manche Kulturinitiative unfreiwillig wiedergefunden, die Geschehnisse rund um das »Kulturforum Hallein« lassen sich jedoch nur mehr der Kategorie Verhöhnung zuordnen.

Angesichts der mehr als ungewissen Zukunftsaussichten fällt es einem zumeist leichter, über die Vergangenheit zu sprechen. »Seit 1984 gibt es uns«, erzählt der Obmann Friedrich Bahner. Mit »uns« ist das Kulturforum Hallein gemeint, eine Ansammlung engagierter Personen, die sich die Fruchtbarmachung des kargen kulturellen Bodens der Keltenstadt zur Aufgabe erkoren hatte. Sichtbarstes Ergebnis dieses Anstrengungen waren ab Mitte der 80er Jahre die Stadtfestwochen, die in Anbetracht des sozialen Gefüges programmatisch von Beginn an auf eine breite Publikumsschicht orientiert waren, ohne dabei in den düsteren Tiefen der Mains--tream-Unterhaltung zu versinken.

Die in der Folge enstandene, bis dato unbekannte lebendige Kulturszene und der damit verbundene Imagegewinn der industriell geprägten Stadt blieb auch den kommunalpolitisch Verantwortlichen nicht verborgen. Gänzlich atypisch für hiesige Verhältnisse wurden die kulturellen Aktivitäten nicht nur ausreichend finanziell gefördert, sondern dem Kulturforum zusätzlich auch ein gewichtiges Mitspracherecht bei kulturpolitschen Entscheidung eingeräumt. Vom positiven Klima angelockt, machten sich nun selbst die arrivierten Kulturbetriebe wie die Salzburger Festspiele oder die Sommerakademie Hallein als Standort zu eigen.

Jedoch sollte nicht ewiger Sonnenschein währen, dafür tragen seit geraumer Zeit verschiedene Faktoren Sorge. Daß vor dem Hintergrund der prekären finanziellen Situation nicht Milch und Honig fließen würde, damit wurde allseits gerechnet. Der für die rund 20 Kulturinitiativen der Stadt im Budget veranschlagte Betrag von öS 100.000.- kann aber selbst bei bestem Humor nur als mißlungenes Späßchen durchgehen, konnte doch das Kulturforum noch im letzten Jahr auf eine Förderung von öS 1.200.000.- zur Realisierung seiner kulturellen Aktivitäten zurückgreifen. Schlimmer als dieser Umstand wiegt aber das herrschende Desinteresse seitens der politisch Verantwortlichen. Ansonsten nie um eine thematische Ansage verlegen, präsentiert man sich zur Abwechslung mit der »keine Ahnung - Achselzuck« Attitüde. Ausnahmen lassen einem sogar daran noch positive Seiten abgewinnen. So meinte der noch frische SPÖ-Bürgermeisterkandidat Heimo Typplt via Medien, daß »eine Veranstaltung, bei der unter 20 Leute kommen, ja nichts sein kann«.

Unabhängig davon, ob von eigenen Sektionsitzungen direkt auf die unmittelbare Qualität von kulturellen Veranstaltungen geschlossen werden kann, darf mit Rücksicht auf die Kulturschaffenden sowie das kulturell interessierte Publikum dieser Stadt ein grund-sätzlicher Diskurs nicht länger aufgeschoben werden. Gerade Friedrich Bahner hegt trotz aller Widrigkeiten den bescheidenen Wunsch des Wahrgenommenwerdens: »Es gibt keinen Ansprechpartner. Es ist wirklich niemand da, der bemüht ist, über das kulturelle Geschehen in der Stadt in Diskussion zu treten. Sie lassen den Bahner arbeiten, man betrachtet ihn manchmal (ehrfürchtig) als Spinner; aber ich will mich mit diesen Leuten auseinandersetzen.«

An Themen wird es nicht mangeln, wie das jahrelang erfolglose Bemühen zeigt, durch den Erwerb einer selbstverwalteten Veranstaltungsstätte der Problematik des permanenten Nomadentums zu begegnen. Die Realität ist gegenwärtig jedoch eine andere. Das heurige Veranstaltungsprogramm wird zu einem guten Teil aus den finanziellen Rücklagen für die angestrebte Heimstätte bestritten, während man sich danach auf die Absicherung der kommenden Stadtfestwoche konzentrieren wird, was letztendlich nach den allseits bekannten »Mensch-ärgere-Dich« Regeln einem »Zurück zum Start« gleichkommen würde.