august 1998

Mario Jandrokovic

»... die ganze Subventionspolitik hinterfragen...«

Ein kunstfehler-Gespräch mit dem Intendanten der SZENE - Michael Stolhofer

Warum wurde so schnell klein beigegeben?

• Es ging um die Verhältnismäßigkeit des Konterns. Wir wären in Kürze in einer sehr kritischen Finanzsituation gewesen. Moralisch wäre der okayste Schritt eine Absage des gesamten Festivals gewesen, aber sollten wir auf den Rücken anderer Künstler dieses Geplänkel austragen? Gut, wir haben diesen Kuhhandel gemacht, aber es kann uns keiner verbieten, daß wir als Privatpersonen außerhalb der Szene dafür sorgen, daß die Schlingensief-Aktion finanziell abgesichert ist. Die Wolfgangsee-Aktion war ja schon immer durch Privatfinanzierung abgesichert und hatte auch nie etwas mit der Szene zu tun. Wir haben Schlingensief nicht zum Baden am Wolfgangsee eingeladen, sondern für eine Kunstaktion in der Salzburger Innenstadt im Rahmen der Szene.

Wie kann man eigentlich auf so eine Politik reagieren?

• Wir sollten diesen Anlaß dazu hernehmen, die ganze Subventionspolitik zu hinterfragen. Ehrlicherweise müßte das alle anderen Kulturinstitutionen auch interessieren. Die Subventionsverträge bestehen bis jetzt in Österreich nur aus Pflichten, die sich auf Formalakte und Kontrollmöglichkeiten seitens der Subventionsgeber beziehen. Jetzt geht es erstmals um Inhalte. Eigentlich müßte man die Diskussion soweit treiben, daß Subventionen nur noch dann angenommen werden, wenn auch das verfassungsmäßige Grundrecht auf künstlerische Freiheit garantiert ist. Wenn eine Abhängigkeit so brachial vorgeführt wird und du dir dessen bewußt bist, bist du auch in einem Dilemma. Da hilft es auch nichts, daß selbst CSU-Provinz-Blättern die Aktion von Dechant vollkommen übertrieben gefunden worden. Erfreulicher wäre da schon, wenn es in der ÖVP Leute gäben würde, die sagen, mit der Geschichte werden wir nicht mehr weiter-kommen.

Es wird aber immer noch so getan, als hätte man bei den »Chaostagen 1997« wirklich ein Phantom vertrieben.

• Natürlich. Diese Art von Politik existiert und sie hat ihre Wirkungen, sie schafft Betroffene. Die Menschen am Wolfgangsee fühlen sich wirklich bedroht. Das ist der fieseste Teil dieser Politik. Jene, die sich überhaupt nicht artikulieren können, werden durch dieses Bedrohungsszenario verunsichert. Man schafft Betroffene einer Wirklichkeit, die überhaupt nicht existiert und nimmt Wirklichkeiten, die nur im Internet existieren, zur Begründung für politische Entscheidungen her. Die Wolfgangsee-Aktion war schon Monate, bevor bei uns der ganze Rummel losgegangen ist, bekannt und wurde erst interessant, nachdem sie in der Krone mit dem Auftritt von Schlingensief bei der Szene in Zusammenhang gebracht wurde.

Die »Wirklichkeit« der Kronen-Zeitung scheint aber nur sehr schwer zu korregieren zu sein.

• Dem kann man über einem gewissen Rahmen nicht wirklich begegnen. Diesbezüglich brächte auch ein Widerruf in der Krone nichts. Aber es gibt Stimmen aus der Bürgerliste, der SPÖ und dem Liberalen Forum, die sehr wohl politisches Gewicht haben. Das waren auch die ersten, die von »Zensur« geredet und auf politischer Ebene reagiert haben, indem z. B. die grünen EU-Parlamentarier bei ihrer Tagung in Salzburg den obligatorischen Besuch beim Bürgermeister abgesagt haben. Die SPÖ ist zumindest betroffen und ihr dürfte die Überschreitung dieses Limes schon bewußt geworden sein. Nun ginge es aber darum, sich endlich einmal auch deutlich zu deklarieren. Das Stück ist noch lange nicht beendet. Man muß auch mit den Folgen des Stückes rechnen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!