märz 2000

Sabine Jenichl
geschaut

Emanzipation am Berg

Frauenbergsteigen im Wandel

Der Mythos des Bergsteigens ist seit jeher männlicher Natur, der höchste Berg der Welt jedoch ist weiblich. »Sagarmatha« - »Mutter des Universums" nennen einige Völker Nepals den Mont Everest. Einheimische im Norden Tibets nennen ihn »Chomolongma« - »mächtige Schneegöttin". Mit der Japanerin Junko Tabei erreichte 1975 erstmals eine Frau den höchsten Punkt der Erde.

Geprägt von männlicher Dominanz und Ablehnung, »habe erst das Sportklettern der Gegenwart den Alpinistinnen weitgehend gleiche Bedingungen gebracht«, so die Sozialwissenschaftlerin Ulrike Gschwandtner. Bis Mitte der siebziger Jahre beispielsweise blieb dem weiblichen Geschlecht die Aufnahme in den legendären »British Alpine Club« verwehrt. Englische Bergsteigerinnen reagierten bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts mit der Gründung eines eigenen Vereins, dem »Ladies Alpin Club«, auf diesen Ausschluss.

Uralte Konventionen zwangen die Frauen, ihre Abenteuer geheimzuhalten. So durchstieg 1931 die junge Österreicherin Barbara Passrugger in Männerkleidern die Dachstein-Südwand. Mit 83 Jahren steht die als Sennerin und später auch als Buchautorin tätige Bergsteigerin erstmals auf dem Gipfel des Großvenedigers (3.674 Meter). Ein ähnliches Schicksal ereilte die französische Sprachwissenschaftlerin Alexandra David-Néel: Als buddhistische Bettelfrau verkleidet, durchstreift sie in den zwanziger Jahren die Weiten Tibets und dringt sogar nach Lhasa vor.

»Erst in den letzten Jahren«, weiß Gschwandtner zu berichten, »gibt es Alpinistinnen, die als Superstars von den Medien nicht mehr verschwiegen werden«. Eine von ihnen ist die erfolgreichste Höhenbergsteigerin unserer Zeit, die Polin Wanda Rutkiewicz. Als »erste Europäerin auf dem Everest« scheiterte sie 1992 nach acht Achttausendern am Kangchendzönga und blieb verschollen. Die Amerikanerin Lynn Hill wiederum setzte neue Maßstäbe, indem sie schwierigstes Freiklettern an den »Big Walls« in Kalifornien einführte.

Trotz einer annähernden Gleichberechtigung im Sport ist »der Beruf des Bergführers« eindeutig männlich besetzt. Von den lediglich zehn in Österreich staatlich geprüften Bergführerinnen kann nur die in Kanada lebende Helene Steiner ihren Job hauptberuflich ausüben.

Unter den von Ulrike Gschwandter zusammengetragenen Porträts über insgesamt 17 Frauen tauchen auch Namen wie Beatrice Tomasson, Helma Schimke, Barbara Hirschbichler oder Luise Jovane auf. Vergleicht man die Lebensläufe der Alpinistinnen, weiß Gschwandter »trotz der gravierenden Unterschiede« von Gemeinsamkeiten zu berichten. Die meist nicht gerade auf die Butterseite des Lebens gefallenen Frauen legten, beziehungsweise legen »ein unheimliches Maß an Sturheit und Durchsetzungsvermögen« an den Tag.

Zu sehen sind die Porträts unter dem Titel »Frauen-Emanzipation am Berg" im Rahmen der Alpinismus-Ausstellung »Der Berg ruft«. Diese Großausstellung zur Geschichte des Bergsteigens im 20. Jahrhundert findet vom 15. April 2000 bis 4. November 2001 in Altenmarkt-Zauchensee statt.