november 1998

Mario Jandrokovic
gelesen

No, na, Nitsch!

Sommermanöver im Privatfeuilleton

Für des Volkes gesundes Ermessen in Kunstfragen bieten Leserbriefseiten besonders attraktive Arenen für Freistilkämpfe; eine davon wurde in den festspielgeschmückten SN würdig und feierlich von oberster kirchlicher Intendanz eröffnet. Der Weihbischof verfiel an einem schönen Augusttag in traurige Laun ob der Jugend, die mit ihren respektlosen Sportgeräten zum Ärgernis wurde für »unser Weltkulturerbe« (so der führende Slogan in den sommerlichen Kulturkritik-Charts). Der Bogen der Trauer war schnell weitergespannt zu einer bedrohlich überlebensgroßen Elfriede Jelinek (»die über Salzburg schimpft, statt pietätvoll-traurig, Anm., abreist!)« und - no, na - »Herrn Nitsch«. Eins noch geriet zur besonderen Bürde für Blick und Schritt: »Aber da verstellt mir den Blick und den Schritt ein vielleicht drei Meter hohes Kunstwerk, das aus nichts anderem besteht als aus Bierkisten« (Mit dieser wundersamen Wandlung der Mineralwasserkisten war deren zweifelhafte Herkunft quasi per Erlaß bes(t)iegelt). Als Draufgabe rammte Gerd Bacher dem weltkulturunwürdigen Fußvolk seine »spitze Feder« in den Hintern und bekam zur Antwort, seine Argumentation halte »ja nicht mal der Salzburger Heimatkunde stand«. Kistenstapelnde Supermärkte bemühten sich zwischenzeitlich um Kultursubventionen, war aus einem anderen Leserbrief zu erfahren: Das Pro und Kontra des öffentlichen Privatfeuilletons hatte sich in den SN zum fröhlichen, bunten Meinungsforum hochgeschaukelt.

Zwischenzeitlich segneten langjährige Krone-AbonnentInnen Brigitte Bardot, »nicht nur noch immer eine wunderschöne Frau, sondern auch ein Mensch mit Charakter und Moral« , für ihren Kampf gegen, no, na, den »Blutrauschprofessor«. Sich treu an Staberls Wortschatz haltend, schöpften sie aus dessen reichem Fundus an »sogenannten«, die meist in Anführungszeichen, aber immer linkslinks stehen »und auf eine multikulturelle Gesellschaft hinarbeiten, in derem Dunstkreis sie ihre dunklen Machenschaften praktizieren wollen...«. Das öffentliche Privatfeuilleton wurde hier zum dankbaren Schutzorgan jenes Blattes, das wacker für die machtlosen Aufrechten, gegen die Verhaberung der Mächtigen kämpft.