november 1998

Roman Höllbacher

NEUE Bauten für KULTUR en GROS und en detail

Die bekannten bautechnischen Mängel des Kulturgeländes eröffnen vollkommen neue Perspektiven

Salzburgs Politiker gehen derzeit schwanger. Schwanger mit Projekten, welche die Stadt als kulturelle Metropole europäischen Zuschnitts positionieren sollen. Ein Museum der Moderne, eines für Landes- und Kultur- geschichte, die Erweiterung des Kleines Festspielhauses und eine Mega-arena mit angeschlossener multifunktioneller Halle sind die prominent- esten Vorhaben. Es bleibt abzuwarten, ob die schönen Skizzen so rasch das Licht der Welt erblicken, wie sie gezeugt wurden. Welcher Politiker schmückt sich nicht gerne mit einem Museum, einem Opernhaus, einer Freizeitarena für den kultur-/=sportbegeisterten smarten Freizeitmenschen unserer Tage, aber wer wirft sich noch gern für kritische Kulturarbeit aufs Gleis?

Das Kulturgelände Nonntal verfällt. Der ehemalige Lehrbauhof der HTL war nie ein architektonisches Juwel, jetzt ist er aber auch baulich am Ende. Wie in der letzten Ausgabe des »kunst- fehle«r bereits vermerkt, hat das Kontrollamt der Stadt dringenden Sanierungsbedarf festgestellt. Im Umkehr- schluß bedeutet das, daß derzeit unter unzulänglichen Bedingungen gearbeitet und produziert wird. Schlimmer noch ist aber die Tatsache, daß nach außen das kontraproduktive Bild vom desolaten Kulturbetrieb entsteht. Die Sanierung hat also nicht nur aufgrund bautechnischer Mängel zu erfolgen. Wie jeder andere Hausbesitzer wird auch die Stadt dafür sorgen müssen, daß sich ihr Besitzstand in einem herzeigbaren Zustand befindet. Die Beamten des Kontrollamtes haben manifestiert, daß die Stadt mit ihren Ressourcen pfleglich umzugehen hat. Familiensilber wird sowieso schon genug verschleudert. Dieses Faktum nahm man im Kulturgelände zum Anlaß, nachzudenken, was man braucht und was man gern hätte. Reden die Kontrollore wohl von Sanierung des Bestandes, erhoffen die Kulturvertreter einen Zuwachs an Flächen, an dringendst benötigtem Raum, um dem Kulturgelände neue Chancen zu eröffnen. Klar, frei nach Hinterholz 8, den Sanierungsbedarf an dieser Hütte erledigt man am besten mit der Schubraupe.

Kulturelle Nutzung

Das einst ärarische Gebäude wurde der Stadt von der Republik Österreich überlassen. Verbunden war der Deal mit der Auflage der kulturellen Nutzung des Geländes. Das gesamte Areal besitzt also eine zwischen der Republik und der Stadt Salzburg festgelegte Zweckwidmung. Beachtenswert ist nun folgendes: Die derzeitige Nutzfläche des Kulturgeländes weist 1220 qm auf, das Grundstück eine Gesamtfläche von 2650 qm und eine Geschoßflächenzahl von 1,1. Fügt man Parameter 1, die Nutzung des Areals für kulturelle Zwecke und die von der Stadt erlassenen Bebauungsbedingungen zusammen, gibt es nur eine logische Schlußfolgerung: Hier hat die Stadt beträchtliche kulturelle Ressourcen vorgesehen, die derzeit brach liegt. Es gibt wohl keinen Privaten, der bei solchen Entwicklungszielen die Chance nicht nutzen würde, ihnen nachzukommen, vorausgesetzt, ja vorausgesetzt, er hat die Mittel zur Verfügung, das zu tun. Und damit beißt sich natürlich die Katze bereits wieder in den Schwanz. Die Ressourcen bleiben ungenutzt, harren am Papier des Bebauungsplans, solange der Leidensdruck nicht übermächtig und der nötige politische Druck nicht ausgeübt werden kann. Eine vorausschauende Kulturpolitik, die nicht immer erst reagiert, wenn es schon zu spät ist, müßte jetzt initiativ werden und Modelle entwickeln, wie diese Ressourcen für die Bereicherung des kulturellen Lebens in Salzburg ausgeschöpft werden können, und eben nicht die Händchen in den Schoß legen und sagen, »s'ka Göid do«. Angesichts der eingangs zitierten Kulturbauoffensive wären solche Aussagen auch ziemlich unglaubwürdig. Die Parole heißt, nicht Mangelwirtschaft betreiben, sondern das Kulturgelände als gleichwertige kulturelle Einrichtung neben dem Museum und dem Festspielhaus zu begreifen. Nur ein bornierter Kulturbegriff ließe eine andere Argumentation zu.

Neue Jobs fürs Kulturgelände

Möglichkeiten für das Kulturgelände, auch neue Aufgaben zu übernehmen, gäbe es genug. Heute erfüllt es als Veranstaltungs-, Produktions- und Fortbildungseinrichtung vornehmlich gesamtstädtische Aufgaben. Im Stadtteil Nonntal könnte es aber spezifische stadtteilbezogene Charakteristika gezielter ansprechen. Anlaßfälle zu neuen Kooperationen und Partnerschaften müßten einerseits die Neupositionierung des Sportgeländes, Stichwort Sportzentrum Süd, und die Adaptierung oder Neuplanung der Universitätsprovisiorien längs der Akademiestraße sein. Durch die Lage im Zentrum eines mit tertiären Funktionen hochangereicherten Gebietes könnte das Kulturgelände kommunikative und dienstleistungsorientierte Angebote aufbauen und damit auch neue Schichten gewinnen. Aufgabe des Managements sollte es sein, die Möglichkeiten in diesen Richtungen auszuloten und Prioriten zu formulieren. Andere Bereiche könnten neue Kulturvermittlungsschienen sein. Nach der Liberalisierung des Radiomarktes sollte es doch möglich sein, daß man einen Betreiber findet, der im Kulturgelände heimisch wird. Wellenlängen abseits von Radio Harmony und den Hits der frühen 80er müßten doch zu beschallen sein.

Ideenwettbewerb unter Hochschulstudenten

Der derzeit laufende Ideenwettbewerb für Studenten an technischen Hochschulen und Akademien wird Ideen für ein neues kulturelles Zentrum im Nonntal in Bilder übersetzen, Pläne auf den Tisch legen, die zur Grundlage des notwendigen Lobbyings werden. Wichtig wird sein, sich von den Entwürfen nicht knebeln zu lassen, sondern flexibel und offen an das Projekt heranzugehen. Eine neue verkehrliche Erschließung wird in jedem Fall errichtet werden müssen. Es macht ganz einfach keinen Sinn, mit einigen wenigen Anrainern sehenden Auges vollkommen unnötige Konflikte zu produzieren. Eine Sanierung des Gesamt- komplexes, ohne die Erschließung sowie die Stellplatzsituation des Kulturgeländes grundlegend zu verbessern, wäre grob fahrlässig.

Vielleicht wird der Wettbewerb unerwartete Einblicke in kulturelle Bedürfnisse der heutigen Jugend bringen, vielleicht wird er aber nur offenbaren, daß für einen Quantensprung der eine oder andere Zopf abzuschneiden ist.