november 1998

Claudia Lagler
titel

Forschung an der Universität Salzburg

Zwischen Elfenbeinturm und Cyberspace

Neben der Lehre schreibt der Pflichtenkatalog von Professoren, Dozenten und Assistenten an den Universitäten auch Forschung vor. Die Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen blüht an der Universität Salzburg oft im Verborgenen. Eine Bestandsaufnahme.

670 Diplomarbeiten, 160 Dissertationen, sechs Habilitationen pro Jahr - ein Teil der Forschungsleistung an der Universität Salzburg läßt sich in Zahlen fassen. Doch was ist mit jener Suche nach neuen Erkenntnissen, die von wissenschaftlichen Mitarbeitern, Assistenten und Professoren vollbracht wird und die sich nicht in solchen einfachen Leistungsstatistiken quantifizieren läßt?

Wie entstehen Kraft und Bewegung im Muskel? Welchen Einfluß hat das Europarecht auf das österreichische Wettbewerbsrecht? Welche Unterschiede gibt es bei kognitiven Prozessen zwischen Mann und Frau? Bilden sich die Gletscher in Österreich zurück? Wie entwickeln Kinder mit Cochlea-Implantaten ihr Sprachvermögen?

Fragen wie diese wurden und werden an der Universität Salzburg in Forschungsprojekten behandelt. Quer durch den »Gemüsegarten« der Fakultäten und Institute wird zu den unterschiedlichsten Themen geforscht.

»Noch haben wir keinen Nobelpreisträger hervorgebracht«, sagt Rektor Adolf Haslinger über die Forschungsleistung der Universität Salzburg: »Schlecht sind wir nicht«, ist er überzeugt. Doch die Qualität der Forschungsarbeit läßt sich nur schwer messen.

Bei internationalen Forschungsprojekten, an denen auch Salzburger Wissenschafter teilnehmen, konnten sich die heimischen Forscher mit ihren Beiträgen einen guten Namen machen. Maßstab ist die Anerkennung innerhalb einer selbst international meist recht kleinen hochspezialisierten Forschungsgemeinde eines Fachgebietes. Diskutiert - gelobt oder zerpflückt - werden die Ergebnisse ausschließlich in Fachkreisen. Kaum ein Forscher verläßt mit seinen Ergebnissen den Elfenbeinturm der universitären Zirkel. Zu heikel ist es, die komplizierten Prozesse und Erkenntnisse in eine Sprache zu übersetzen, die ein breiteres Publikum versteht. Und nicht selten verstecken sich hinter gestelzter Fachsprache schwer faßbare »Ergebnisse« und »heiße Luft« - ein Phänomen, das an den Gesellschaftswissenschaften weit verbreitet ist.

Vor vier Jahren versuchte die Salzburger Universität mit Forschungsschwerpunkten ein eigenständiges Profil zu entwickeln: Damals hatte man auf Frauen-, Tourismus-, Umwelt-, Wissenschaftsforschung sowie auf Computeranwendungen im historischen und philologisch-linguistischen Forschungen gesetzt. Zwar wurden manche dieser im Rahmen der interdisziplinären Forschungsarbeit eingereichten Projekte durchgeführt, doch ein unverwechselbares Forschungsprofil der Universität, das einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, bildete sich dadurch nicht.

Das ist im Bereich der medizinischen Forschung etwas anderes. In diesem Feld konnte sich die Naturwissenschaftliche Fakultät in verschiedensten Fachgebieten breite Anerkennung erarbeiten. An der Nawi hat man sich auf medizinische Grundlagenforschung spezialisiert. So arbeiten beispielsweise mehrere Gruppen auf dem Gebiet der Tumorforschung. Auch Genforschung oder wissenschaftliche Arbeiten über das Phänomen Schmerz sind Themenbereiche von Salzburger Wissenschaftern. Häufig wird im Rahmen von internationalen Projekten geforscht.

Auch im Bereich der Computerwissenschaften setzen Salzburger Forscher international Maßstäbe. So arbeitet ein Team an einem Forschungsprojekt der Europäischen Raumfahrtbehörde mit. Es geht um neue Systeme zur Übertragung von Daten via Satelliten. Gearbeitet wird auch an den zukünftigen Entwicklungen von Multimedia und Fernsehen.

Für Haslinger ist die Förderung von Forschung ein wichtiges Anliegen. Bislang hat er rund fünf Millionen Schilling an Drittmitteln für spezielle Projekte angeworben. Damit wurden 40 Forschungsvorhaben quer durch alle Fakultäten unterstützt. Ein Projekt über »Die Bibel in der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts« ist ebenso darunter wie eine Arbeit über »Die Rolle der Trendforschung« oder die Entwicklung einer CD-Rom mit ortspolizeilichen Verordnungen.

Derzeit befindet sich die Universität Salzburg mitten in der Umstellungsphase vom Universitätsorganisationsgesetz 1975 zu jenem von 1993. In diesem Zusammenhang wurde auch eine neue Satzung für die Universität Salzburg ausgearbeitet, die der Forschung einen besonderen Stellenwert zuweist. Um dies auch in der Struktur zum Ausdruck zu bringen, wird einer der Vizerektoren speziell für den Bereich der Forschung zuständig sein. Die Positionen werden in den kommenden Wochen besetzt werden. Dabei wird es auch eine wichtige Aufgabe sein, weitere Drittmittel für Forschungsprojekte aufzutreiben. Schließlich kostet Spitzenforschung Geld. Und dieses ist an der Universität Salzburg - wie überall - knapp.