november 1998

Thomas Neuhold
titel

Hausgemachte ÖH-Krise

Die Diskussion um die Legitimation der Österreichischen Hochschülerschaft als gesetzliche Interessensvertretung der StudentInnen ist ebensowenig neu wie das Hauptargument der ständig sinkenden Beteiligung bei den ÖH-Wahlen. Selbst wenn man/frau mitdenkt, daß die Wahlbeteiligung angesichts der vielen »Immatrikulationsleichen« real weit höher sein muß als die 1997 österreichweit erreichten schwachen 28 Prozent, ist die fortschreitende Abwendung der Studierenden von »ihrer« ÖH un-übersehbar. Die ÖH-FunktionärInnen machen dafür meist die soziale Situation der Studierenden, die Verschärfung der Studienbedingungen wie auch allgemein gesellschaftliche Phänomene verantwortlich.

Diese Erklärungsmuster haben zwar ihre Berechtigung, sie allein greifen aber zu kurz. Ein weiterer Grund für die ÖH-Abstinenz ist auch in der ÖH und den sie gestaltenden Fraktionen und Personen zu suchen. Die ÖH wurde und wird allzuoft von einer politischen und gewerkschaftlichen Interessensvertretung zu einem Teil des Systems der politischen Kaste Österreichs umfunktioniert. Sie diente und dient als Kaderschmiede für Parteien. Sie mußte allzuoft als Spielwiese für aalglatte Jungapparatschiks herhalten, die nur nach dem Prinzip: »Politik ist ein schmutziges Geschäft« leben und handeln. Die Studierenden merken dies und wenden sich mit Grausen ab.

Der aufgestaute Unmut der Fachschaftslisten und jener Hochschülerschaften, die Unis vertreten, wo die StudentInnenorganisationen der Großparteien keine zentrale Rolle spielen, ist nur allzu verständlich. Ihr Vorschlag nach Auflösung des Zentralausschusses (ZA) hingegen ist kurzsichtig. Ohne österreichweites StudentInnenparlament wäre die ÖH noch kopfloser, als sie es ohnehin schon ist. Die als Ersatz für den ZA angestrebte Vorsitzendenkonferenz würde wohl kaum demokratischen Prinzipien entsprechen: der/die Vorsitzende einer kleinen Kunsthochschule hätte dort genausoviel Gewicht wie etwa die Uni Wien. Mit solchen Vorschlägen zur Selbstaufgabe der ÖH - nicht umsonst sind die FP-Studenten sofort auf den Zug der Auflösung der kammerähnlichen ÖH-Strukturen aufgesprungen - werden die FachschaftlerInnen nur Teil der hausgemachten ÖH-Krise anstatt den Versuch zu starten, die ÖH durch die Zurückdrängung des Einflusses von ÖVP und SPÖ aufzuwerten.