dezember 1998

Christa Obermeier
gelesen

Harald Friedl: Der Schwanz. Männer über ihr Geschlecht

Promedia 1998, 192 Seiten

Angeblich reden Männer über ihr »bestes Stück« nicht einmal in intimen Herrenrunden. Der Schwanz und alles, was mit ihm zusammenhängt bzw. auf ihn reduziert wird, mag zwar ständig als Thema präsent sein, aber so richtig darüber geredet wird dann doch wohl nie. Der Filmemacher, Musiker und Autor Harald Friedl bringt nun etwas Licht ins Dunkel (?) jener Gedanken, die Männer (u.a. Franzobel, Dietmar Brehm, Leo Lukas, Erwin Puls, Fritz Ostermayer, Hermes Phettberg, Rolf Schwendter) über ihren Schwanz haben. Interviewt wurden Hetero-, Homo-, Trans-, Bisexuelle und Transvestiten. Allein dadurch ergibt sich ein bunt geschecktes und weit gestreutes Kaleidoskop unterschiedlichster psychologischer, ästhetischer und geschmacklicher Kriterien. Auch betont schon das Vorwort die kulturelle Bedingtheit individueller Sichtweisen. Wenn der Schwanz hier als »Ausgangspunkt für ein Nachdenken über Körpermythen, Verklemmungen, Begehren, Lustempfinden, Kunst und aktuelle gesellschaftliche Kategorien« fungiert, dann sollte dies von Männern als Angebot angesehen werden, öffentlicher oder zumindest einmal offen darüber zu reden. Es sei jedoch betont, daß die Reflexionsebenen der Interviewpartner auch mit ihren exponierten Positionen (z. B. als Künstler) zusammenhängen. Ob der Eindruck, daß schwule Männer ein unverkrampfteres und lustbetonteres Verhältnis zu ihrem Schwanz haben, verallgemeinbar ist, bleibt ebenso fraglich. Kann es sich hierbei doch auch um ein komplett anderes Verständnis von Sexualität an sich handeln. Nichtschwulen Männer mit gespaltenem Verhältnis zu ihren »besten Stück« kann hingegen versichert werden, daß es sich hierbei um die bessere Beziehungskiste handelt.

Im nächsten »kunstfehler« dann genaueres zu Christa Nebenführs »Die Möse. Frauen über ihr Geschlecht«.