dezember 1998

Peter Tischler

... lieber mit dem Volke irren!? Die KPÖ im Wahljahr 1999

Klar ist für die Kommunistische Partei noch nicht viel, allerdings kandidieren wird sie

Ende September wird den Mitgliedern der KPÖ in dem unregelmäßig erscheinenden Partei- Mitteilungsblatt »Argument« in einem Zweispalter zur Kenntnis gebracht, daß ihre Partei bei allen im nächsten Jahr stattfindenden Wahlen anzutreten gedenkt. Lediglich die Wahlen zum Salzburger Landtag sollen geschwänzt werden. In Hallein wird für die Gemeinderatswahl ein Bündniskandidatur angestrebt. Die Salzachgemeinde ist im Lande Salzburg allerdings auch die nennenswerteste Niederlassung der zunehmend sich auf Donau und Mur- Bundesländer konzentrierenden KPÖ.

Sicher ist weiters, daß die KPÖ auf den Stimmzetteln zur Nationalratswahl und für die Europaparlamentswahlen sich wiederfinden wird. Bei all dieser Gewiþheit drängt sich letztlich aber eine Frage auf: Warum das alles? Lohnt sich das für die paar Zahlen hinter dem Komma? In der Folge über die weitgehende politische Bedeutungslosigkeit der KPÖ zu witzeln, könnte allerdings diese Seite nicht füllen. Angesichts des mageren Angebots für LinkswählerInnen in diesem Land bleibt immer ein gewisses Restinteresse für die KPÖ. Und bis zuletzt wird es spannend bleiben, ob es dieser Partei gelingen wird, zusätzlich zu ihrer geschichtlichen Existenzberichtigung einen Fuß in die Tür zur Gegenwart zu bekommen.

Angesichts des in Europa steigenden Anklangs verschiedener Linksparteien mit mehr oder weniger kommunistischer Tradition sollte sich dennoch auch die KPÖ dereinst wieder Chancen ausrechnen können. Wenngleich rückblickend das Ausmaß ihrer Erfolglosigkeit vergleichsweise einzigartig ist. Gleichsam als Anfeuerung für die bisweilen müde Mitgliedschaft feierte man/frau in den parteiinternen Medien die Gewinne der schwedischen Vänster Partiet, der Rifundazione Communista, der deutschen PDS und auch der Partie Communiste Francais dann auch gehörig ab. So unterschiedlich all diese Parteien sind, gemein ist ihnen allerdings, daþ sie der Verstörung, die der Implusion der sozialistischen Staaten 1989-1991 gefolgt war, bald eine ziemlich klar umrissene politische Neuorientierung folgen ließen.

Wenn es auch nicht stimmt, daþ die KPÖ seit 1991 sich nicht verändert hat, so läßt sich doch eine politische Orientierungslosigkeit nicht verleugnen. Dies zeigt sich wiederum in der Vorgehensweise: Zunächst steht die Teilnahme an den Wahlen fest - lediglich einige Stimmen aus der steirischen Landesorganisation, der in der Vergangenheit überdurchschnittlicher Wahlerfolg beschieden war und die deshalb die KPÖ lieber als Regionalpartei sehen würden, klingen noch skeptisch. Ein Wahlprogramm in dem Sinne gibt es aber noch nicht.

Für die Europawahlen soll es einen gemeinsamen Appell verschiedener europäischer sozialistischer und kommunistischer Parteien inklusive der bereits erwähnten geben. Dies ist die Folge einer verstärkten europaweiten linken Kooperation. Der Europäisierung des neoliberalen Regimes müßte eine europäische linke Alternative entgegenstehen. Die KPÖ will dabei nicht fehlen. Allerdings: Als traditionelle Österreichpartei tut sie sich im Konzert mit denen, die einen legeren Umgang mit dem Konzept »Nation« pflegen, etwas schwer. Ihre stark national motivierte Anti- EU-Kampagne ist ihr vielleicht hierbei auch nicht unbedingt eine Empfehlung. Gerade eine Annäherung an die PDS liegt der engeren Parteiführung aber sehr am Herzen. Dies mag vielleicht ein Grund dafür sein, daß die unkonventionell aufgemachte und inhaltlich relativ fundierte Anti-Euro-Kampagne unter dem Titel »Der Euro löst keine Probleme«, die vor zwei Jahren gestartet wurde, eher sang- und- klanglos endete. Daþ die KPÖ laut Programm noch immer den Ausstieg aus der Europäischen Union fordert, ist anhand ihrer Öffentlichkeitsarbeit längst nicht mehr zu erahnen. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, daß sich hierzu auch die Beschlußlage geändert wird.

Die Europa-Frage verdeutlicht letztlich das Dilemma der KPÖ. Sie versteht sich immer noch als die wahre Österreich- Partei. Sie will immer noch die Anwältin des Volkes sein, einem Volk aus lauter »kleinen Männern«. Daß aber die über weite Strecken fast ausschließlich patriotisch argumentierte EU-Kritik Abgrenzungsprobleme zu rechten EU-Kritikern mit sich brachte, vergrault zunehmend jüngere Mitglieder sowie jene, deren politische Kultur 1968 ihren Ausgangspunkt hat.

Für die Nationalratswahl hat sich die Partei vorgenommen, sich mit der sozialen Frage zu profilieren. »Wahl des sozialen Protestes« ist gemäß den ersten Plakatentwürfen dafür der Slogan. Die KPÖ soll demnach also eine Protestpartei sein, eine soziale allerdings. Es klingt hier deutlich an, daß die Absicht besteht, mit der anderen - eben nicht sozialen - Protestpartei ums Klientel zu streiten. Denn wie bei vielen anderen Linken ist auch bei der KPÖ die Meinung stark vertreten, daß es berechtigter Unmut sei, der die vielen Menschen beim rechten Demagogen ihr Kreuzerl machen läßt. Diese Irrgeleiteten gälte es zu gewinnen. Anderseits wissen die meisten FunktionärInnen aber genau, daß ihr reelles Potential ganz wo anders ist. Es sind die in etwa 3-6% aller österreicherInnen mit überdurchschnittlich kritischem Bewußtsein, überdurchschnittlich gut informiert, zumeist auch mit überdurchschnittlich hohem Bildungsniveau etc. - wie z.B. auch die WählerInnen der PDS, was Wahlanalysen immer wieder bestätigen - , die bei Wahlen irgendwo zwischen Enthaltung oder einem unbefriedigtem Rot/Grün- Votum lavieren.

Die Kommunistische Partei als Volkspartei mag auf den ersten Blick einleuchtender erscheinen als dies geschichtlich besehen der Fall ist. Als Partei der ArbeiterInnenbewegung und aus der marxistischen Denktradition abgeleitet ist sie eine Klassenpartei. Klasse ist hierbei allerdings keine soziologische sondern eigentlich eine sehr abstrakte Kategorie. So arbeitert¸melnd die KPÖ sich heute aber gibt, wäre sie doch gerne die Partei des »kleinen Mannes«. Dies ist zum einen Ausdruck politischer Phantasielosigkeit. Es fällt derzeit eben schwer, Opposition anders als in den Schemata des neoliberalen Rechtsdemagogen zu denken. Andererseits hat dieses Verlangen eine Geschichte. Es ist dies eine Historie des Umbuchstabierens von Klasse , über Nation zum Volk.

Ob nunmehr die KPÖ aus diesem volkstümlichen Eck heraus kommen und zu einem - auch wahlpolitischen - Kristallisationspunkt sozialistischer, emazipatorischer Opposition werden kann, bleibt abzuwarten. Viel Konkurenz in diesem politischen Segment hätte sie nicht.