dezember 1998

Thomas Neuhold

Liberale im Aufwind

Das Liberale Forum wird 1999 wahrscheinlich in den Landtag und sicher in den Gemeinderat einziehen

Wenn die Umfragedaten bis zum 7. März 1999 das halten, was sie Anfang Oktober versprochen haben, dann könnte das Liberale Forum (Lif) in Salzburg bald zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft aufsteigen. Der Einzug in den Gemeinderat der Landeshauptstadt gilt mit Prognosen von »sechs Prozent plus x« als so gut wie sicher. Ob es für die vom Spitzenkandidaten und Stadtvorsitzenden Joachim Lintner angepeilten acht bis zehn Prozent und damit für die Klubstärke reicht, ist noch offen.

Nicht ganz so sicher - aber doch wahrscheinlich - ist der Einzug in den Landtag. Hier muß das Lif mit Landessprecher Hannes Fürstauer an der Spitze die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Bei der Landtagswahl 1994 hatte das Lif zwar schon rund 5,6 Prozent erreicht, wurde aber durch eine undemokratische Grundmandatsregelung um ihre zwei Sitze im Landtag geprellt. Mittlerweile haben die höchsten Richter im Staat die Salzburger Regelung für verfassungswidrig erklärt, das Wahlrecht mußte novelliert werden. Daß die Wahlen trotzdem nicht wiederholt wurden, hat das Salzburger Lif einige Jahre in die politische Warteschleife geschickt.

Klassisch liberal

Die insbesonders angesichts der Unbekanntheit der politischen Newcomer relativ hohen Umfragewerte des Lif führt Fürstauer nicht zuletzt auch auf genau diese Unverbrauchtheit zurück; man habe eben noch keine Fehler gemacht - (machen können). Der Bonus des Neuen könnte jedoch schnell dahin sein. Vor allem dann, wenn sich die Unerfahrenheit mit politischer Ungeschicklichkeit paart: So forderte Fürstauer auf einer Pressekonferenz im Herbst dieses Jahres die Durchforstung der Wirtschaftsförderung in Salzburg. Auf die Nachfrage einiger JournalistInnen, welche Förderungen er nun konkret kappen wolle, konnte der Neo-Politiker keine einzige nennen.

Statt Konkretem bekommt man/frau im Gespräch mit den Salzburger Liberalen viel allgemeine und klassisch liberale Themen zu hören. Die Eckpfeiler liberaler Politik in Stichworten: Bürokratieabbau, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, bürgerliche Grundrechte, Liberalisierung der Ladenschlußzeiten... - kurz-um: Kapitalismus mit menschlichem Antlitz. Einzig die Privatisierungspläne Fürstauers sind schon etwas ausgereifter: Die Untersbergbahn, das Gartenbauamt, die städtische Sauna.

Lintner, im Zivilberuf Antiquitätenhändler in der Linzergasse, sagt ehrlicherweise aber noch dazu, daß er und die Liberalen »keine Wunderwuzzis« sind. Wie beispielsweise dem ökonomischen Niedergang der Salzburger Innenstadt entgegengewirkt werden könne, wüßten auch die Liberalen nicht wirklich. Zwar habe man Ideen wie etwa vom Umsatz abhängige flexible Mietmodelle für Geschäftslokale, gebe es aber ein Rezept, dann hätten das der Wirtschaftsbund oder SP-Stadtvize Heinz Schaden ja auch schon probiert, räumt der Liberale ein.

Kultur-Investition

Detailliert hingegen sind Fürstauers und Lintners Vorstellungen zur Salzburger Kulturpolitik. Hier ist das Lif in jüngster Vergangenheit vor allem mit der Kampagne »Rettet das Weltkulturerbe vor Dechant« aufgefallen. Daß die Partei darauf das Stadtwappen verwendet hat, beantwortete das Magistrat übrigens mit einer Anzeige. Inhaltlich wollen Salzburgs Liberale mittelfristige Fördervereinbarungen ebenso durchsetzen wie die steuerliche Absetzbarkeit der Kulturförderung. Das Lif verlangt ein Kunsthaus, neue Ateliers für bildende Künstler und die Abschaffung der Vergnügungssteuer, der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe für Kulturbetriebe. Im Stadtbudget müsse der Anteil der Kulturausgaben wieder auf 6,23 Prozent angehoben werden, wobei 40 Prozent davon für »alternative Einrichtungen« vorzusehen seien. Vor allem aber müsse ein Umdenken einsetzen: »Kultur soll mit dem Begriff Investition und nicht mit Subvention in Verbindung gebracht werden«, heißt es im liberalen Kulturprogramm. Schließlich wolle man alternative Kulturangebote auch für die Tourismuswerbung nutzen.

Chancen für die Ampel?

Viele Kulturschaffende hören die hellblauen kulturpolitischen Vorstellungen gerne. Und die Umsetzung? Gibt es eine Chance für eine Ampelkoalition? Fürstauer sagt »im Land: ja«. In der Stadt ist Lintner skeptischer. Er rät von einer Regierungsbeteiligung ab: »Wir wissen im Rathaus ja nicht einmal wo das Klo ist.« Einig sind sich beide, daß die zu erwartenden WählerInnenstimmen überwiegend aus dem rot-grünen Lager kommen. Vorsätzlich wildern will man aber dort nicht. Fürstauer: »Wir werden aber in keinster Weise gegen die Grünen fahren. Der Gegner ist die große Koalition.«

Bevor sich die Frage ums Mitregieren stelle, kämpft die außerparlamentarische Opposition freilich mit ganz anderen Problemen. Informationen aus dem Magistrat sind für Außenstehende kaum zu bekommen. Aus dieser Not heraus ist dem Lif einer der ersten politischen Fehler passiert: Man habe zugestimmt, als sich der ehemalige FPÖ-Funktionär und jetzige Gemeinderat der Liste 10, Albert Angerer, »bei uns angedient hat«, gesteht Lintner ein. Die Freude über den neuen Verbündeten, der Informationen von »drinnen« nach »draußen« tragen sollte, war freilich nicht von langer Dauer. Schnell habe man erkennen müssen, daß »der Populist Angerer« nur einen sicheren Listenplatz anpeile und wenig liberale Ansätze vertrete, erzählt Lintner. Über die Trennung von dem mandatsgeilen Kommunalpolitiker sind Lintner wie Fürstauer heute »sehr froh«.

Blaue Traditionen

Ebenso wie Angerer waren die meisten Liberalen Salzburgs früher in der FPÖ. Fürstauer war in Saalbach, der Heimat von FP-Landeschef Schnell, für die Freiheitlichen aktiv und trat erst nach dem Ausländervolksbegehren aus der FP aus. Lintner war für die FPÖ im Aufsichtsrat der städtischen Kulturgesellschaft SPOT. Lediglich Lif-Vordenker Christian Allesch kehrte der Haider-Partei schon in den 80er Jahren den Rücken. Nicht umsonst gilt der Psychologe bis heute als einer der wenigen »echten« Liberalen Salzburgs. Heute meint Fürstauer entschuldigend, er sei »kein engagierter FP’ler« gewesen. Nur, wer gibt das schon gerne zu?