dezember 1998

Didi Neidhart

Grüner Quantensprung

Am 14. November kam es bei der, durch den überraschenden Rücktritt des Spitzenkandidaten und Landesklubobmannes Christian Burtscher notwenig gewordenen Wahl der Grün-KandidatInnen für die Landtagswahl 1999 zu einem nicht minder überraschenden Knalleffekt. Statt des hochfavorisierten Halleiner Kommunalpolitikers und Rechtsanwalts Heinrich Schellhorn, wurde Burtschers langjähriger Clubsekretär Werner Kienreich auf Listenplatz eins gewählt. Was dann geschah hatte mit dem von Kienreich geforderten »neuen politischen Stil nach außen und innen« wenig zu tun. Statt der »grünen Selbstzerfleischung« abzuschwören, wurde sie bis zum Exzess betrieben. Salzburg steht nunmehr nicht nur für den ersten politischen Aufschwung der Grünbewegung in Österreich, sondern auch für einen Split innerhalb der Bewegung.

Mit dem Ergebnis, daß bei den 1999 anstehenden Wahlen unter Umständen Stadt-Grüne gegen Land-Grüne antreten werden. Salzburgs Grüne sollten sich jedoch fragen wie hausgemacht jene Suppe ist, die sie nun getrennt auslöffeln müssen. Das betrifft interne Stukturen (etwa Wahlmodi) ebenso wie »Beziehungssachen«. Nie ausgetragene (persönliche) Interessenskonflikte, die zu unzufriedenstellenden Kompromissen führten, brachen beim Split ebenso hervor wie altbekannte Stadt-Land-Animositäten. Wie in einem derartigen Zustand ein Wahlkampf geführt und die nötigen Mandate errungen werden können, ist mehr als fraglich. Den Stadt-Grünen könnte die jetzige Situation den Vizebürgermeistersessel oder noch höheres kosten, die Land-Grünen müssen bis zu ihrem »Streit um die Vorherrschaft der Opposition« (Kienreich) erst einmal darum bangen überhaupt in den Landtag zu kommen. Das bereitet auch der Salzburger Sozialdemokratie Kopfzerbrechen, die um mögliche Teilzeitpartnerschaften bangt. Immerhin zeigen diese Tendenzen, die in den Siebzigern jeder heillos marxistisch-leninistisch-maoistisch-trotzkistisch zerstrittenen K-Gruppe zur Ehre gereicht hätten, daß die Grünen durchaus eine »linke« Alternative darstellen könnten. Politische Handlungsfähigkeit ist derart jedoch nicht erreichbar. Die für Salzburg bezeichnende Atomisierung der Politik hat nun den ersten Schritt in den Mikropartikelbereich der Quantifizierung der Politik gemacht. Der Preis, der dafür zu zahlen sein wird, ist noch offen.