april 1999

Doc Holliday
gelesen

WILHELM SVOBODA: »Sand-kastenspiele«. Eine Geschichte linker Radikalität in den 70er Jahren.

Wien 1998. ProMedia Verlag (Edition Spuren)

Auf dem Höhepunkt der österreichischen Studentenbewegung Anfang der 70er Jahre (s. a. kf Aug.98), zerfiel diese unter dem Motto »WIR haben DIE revolutionäre Wahrheit gepachtet« auch schon in verschiedene Splittergruppen. Manche Kräfte blieben ihrer undogmatischen Haltung treu und assozierten sich mit den freischwebenden Anarchos und Spontis. Ein Großteil der APO-Aktivisten entschied sich aber bald für linken »Traditionalismus«. Einerseits wurde die KPÖ »wiederentdeckt«, andererseits entstanden maoistisch-altstalinistisch orientierte Kaderparteien, z.B. 1972 der Kommunistische Bund(KB), sowie die antistalinistisch-trotzkistische »Gruppe Revolutionärer Marxisten«(GRM). Wilhelm Svoboda legt nun die längst überfällige Geschichte der österreichischen Linksradikalen - mit gewohnt wienzentristischem Blick - vor: Bewegungen und Einzelpersonen werden ins linke Licht gerückt. Besonders erhellend, was aus ehemals »standfesten Kämpfern« so alles geworden ist. Manager, biedere Beamte, Medienmacher usw. Können Ex-Maoisten, die bei der »Kronen Zeitung« den Kübel jetzt mit Schmutz füllen, anstatt wie früher mit Kleister zum illegalen Plakatieren, als endgültiger Beweis dafür gelten, daß der »revolutionäre Weltgeist« sich verflüchtigt hat? Ergoß sich diese ehemalige Elite der Weltrevolution einst über »die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt«, fabulieren sie als Lohnschreiber nur mehr von »Subjekten«. Hatte die albanientreue Fraktion (MLPÖ) in der Mozartstadt ein oder zwei Mitglieder? Die Beantwortung dieser brisanten Fragen und das Umgraben der Salzburger Sandkästen samt Outing der peinlichsten Wendehälse folgt demnächst an diesem Ort! Eine bestürzende medizinische Diagnose vorneweg: Von der Kinderkrankheit zum Altersschwachsinn ist es nur ein kurzer Weg.