april 1999

Thomas Neuhold

Verfälschter WählerInnenwille

Stolz waren sie unsere gescheiten Parteifunk-tionärInnen. Der Bürgermeister wird direkt gewählt und nicht mehr vom Gemeinderat bestimmt. Die Persönlichkeitswahl wurde als demokratischer Fortschritt gefeiert. Nur wenige getrauten sich damals gegen den Unsinn Stellung zu nehmen, die Vorgänge um die Wahl am 7. März geben den KritikerInnen aber recht.

Zur Erinnerung: SPÖ-Vizebürgermeister Heinz Schaden konnte im ersten Wahlgang 32,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen, ÖVP-»Frischling« Karl Gollegger kam auf 29,4 Prozent. Stadtvize Johann Padutsch (Bürgerliste) wurde mit 18,4 Prozent Zustimmung Dritter und FP-Mann Siegfried Mitterdorfer mit 14,9 Prozent Vierter.

Lassen wir die Frage, ob Gollegger oder Schaden der bessere Bürgermeister gewesen wäre, einmal beiseite. Die neuen Regeln der Direktwahl führen jedenfalls zu einer Stadtregierung, die nicht dem WählerInnenwillen entsprechen. Das Wahlvolk hat nämlich Padutsch an die dritte Stelle gereiht, er müßte damit zweiter Vizebürgermeister bleiben. Dem ist aber nicht so. Padutsch muß sich mit dem proportional zur Fraktionsstärke vergebenen Stadtratsposten begnügen. Und selbst diesen hätte er aufgrund des schlechten Abschneidens der Bürgerliste beinahe nicht erreicht. FPÖ-Kandidat Siegfried Mitterdorfer blieb bei der Direktwahl zwar weit abgeschlagen, steigt aber aufgrund der Stärke der FPÖ vom Stadtrat zum Vizebürgermeister auf.

Wird nun, was absehbar ist, das Proporzsystem bei der Bildung der Stadtregierung abgeschafft, hätte jeder noch so gut liegende Zweite oder Dritte bei der Direktwahl – so seine Partei nicht in der Regierungskoalition ist – überhaupt keine Chance mehr, einen Regierungsposten zu erreichen. Die Herrschaften nehmen ihr eigenes System der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie nicht besonders ernst.

Darüberhinaus werden mit dem System der Persönlichkeitswahl bestehende Machtverhältnisse zementiert. In vielen Salzburger Landgemeinden führte die nach 1994 zweite Bürgermeisterdirektwahl dazu, daß sich in jeder fünften Gemeinde nicht einmal mehr ein Gegenkandidat für den regierenden »Dorfkaiser« fand.