mai 1999

geschaut

geschaut

Eine Galerie in Bewegung mit neuer (Zwischen?) Station

In gewisser Weise hat die Galerie Eboran einen großen Sprung in Richtung etablierter Galeriewelt geschafft, und das im besten Sinne. Der zwar überaus viel Charme versprühende, gleichzeitig aber auch zähe, energieraubende Zustand des Provisorischen und Nomadischen ist mit den neuen Räumlichkeiten in der Ignaz-Harrer-Straße vorerst einmal überwunden. Seit ihrer Gründung schon prescht diese Galerie mit oftmals kühner zeitgenössischer Kunst in die Vorstadt – dorthin, wo nicht die Aura des Kunstsinnigen offiziös vor sich hergetragen wird. In anderen Städten möge so ein Zusammenprall von schnödem Vorstadtalltag und Kunst nicht so ungewöhnlich sein, in Salzburg hatte es offensichtlich eines Projekts wie »Public Space« bedurft, um eine Gegend wie Lehen für die Sache der zeitgenössischen Kunst urbar zu machen. Doch nein, Veronika Hitzl hat mit ihrer Eboran schon seit 1984 diesen Kurs eingeschlagen. Erste Station dieses nomadischen Forums für neue, spritzige, oftmals spontaneistische, jedenfalls nicht gefällige bildende Kunst war die Zahnarztpraxis, in der sie arbeitete. Danach kam eine Waschküche, in der die Öffnungszeiten danach ausgerichtet waren, wann die Bewohner keine Wäsche zum Trocknen hatten. Nach der Reifenhalle in der Bergheimer Straße zog man gegenüber in ein charmant abgetakeltes, karges ehemaliges Geschäftslokal samt Kellerräumen. Nun bezog die Galerie die ehemalige Polizeiwachstube in der Ignaz-Harrer-Straße und schien in einer koketten kleinen Dosis den ursprünglichen Nutzwert beibehalten zu haben. Des öfteren schon wollten Leute ihre Strafmandate im ehemaligen Wachzimmer mit dem stilgerechten rotweißroten Galerieschild begleichen. Die Galerie lebt nicht mehr so sehr von der exotischen Atmosphäre, doch gerade das recht neutrale Ambiente dürfte sich auf das Programm wohl recht positiv auswirken, wie schon Peter Asmanns erste Einzelausstellung in Österreich beweist, mit der die neuen Räumlichkeiten eingeweiht wurden: gleichsam Serien von Bildern, bei denen sich der Künstler immer wieder in die Zwischenräume von Wort und Bild begibt. Jetzt gibt es in der Eboran Heizung und Büro, Küche und Klo, doch auch weiterhin wird das Netzwerk um die weite Welt jener Kunst, die nicht zum abgesegneten Establishment gehört, mit äußerst bescheidener Infrastruktur gespannt – die Galerie hat weder Telefon noch Fax oder Kopierer. Wie an den vorherigen Adressen wird die Eboran sicher auch in ihrer neuen Heimstätte Kunstvermittlung vor Ort betreiben, etwa indem man die Bewohnerschaft der Gegend nicht bloß einen feierlichen Event lang in die Kunstwelt integriert, sondern den Kontakt kontinuierlich aufbaut. Die Geschäftsleute sehen bereits jetzt die Galerie als eine Aufwertung der nicht mehr gerade in Hochblüte stehenden Geschäftsstraße. Die 119. Ausstellung in der Eboran ist von Dienstag bis Freitag von 18 bis 20 Uhr zu besichtigen. Die Räumlichkeiten werden außerdem für KulturveranstalterInnen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Mario Jandrokovic

Film ist. Die »Diagonale» auf Tournee

Zum zweiten Mal fand im diesjährigen März das Festival des österreichischen Films an der Mur statt. Für die Presse dürfte sich die »Diagonale» an ihrem neuen Austragungsort Graz schon so weit etabliert haben, daß die beiden vorangegangenen Salzburger Spieljahre bereits in Vergessenheit geraten zu sein scheinen – auffallend häufig war in der Berichterstattung von der »zweiten Diagonale» zu lesen. Auch wenn die Schau nicht mehr an den Giselakai zurückkehren wird, zumindest eine Auswahl an Festivalbeiträgen, die die Diagonale-Intendanten Christine Dollhofer und Constantin Wulff gemeinsam mit engagierten Programmkino-BetreiberInnen zusammengestellt haben, wird von 14. – 20. Mai im Salzburger DAS KINO zu sehen sein. Gezeigt wird etwa der in Graz preisgekrönte Dokumentarfilm von Nikolaus Geyrhalter, »Prypiat», das gut recherchierte und filmisch gelungene Porträt über BewohnerInnen der radioaktiv verseuchten Zone um das Kernkraftwerk Tschernobyl – , Othmar Schmiederers »An Echo from Europe», der das Vienna Art Orchestra auf einer Europa-Tournee begleitet, »Untersuchungen an Mädeln» von Peter Payer nach einem Kriminalroman des wenig bekannten österreichischen Autors Albert Drach, sowie Experimentalfilme u.a. von Dietmar Brehm, Lisl Ponger und Peter Tscherkassky. Die »Highlights» aus Graz, die die Presseaussendung der Kinotournee verheißt, lassen einen Bilck auf die goldene Ära der ORF-Fernsehfilmproduktion in den siebziger Jahren – mit Beiträgen von Fritz Lehner, Susanne Zanke und Franz Novotny – ebenso vermissen wie die anläßlich des Todes von Kurt Kren in Graz gezeigte Werkschau des Avantgardekünstlers. Aber gibt man sich hier an der Salzach mit der redlichen Tourneeauswahl zufrieden, angesichts der Perspektive, daß in den Räumen des Centralkinos möglicherweise ein zweiter Spielort für das Filmkulturzentrum geschaffen wird: Hauptsache – frei nach dem Titel eines Diagonale-Beitrags von Gustav Deutsch – »Film ist.»

Ulrike Ramsauer