mai 1999

Didi Neidhart
zu gast

DR.ISRAEL/TRUMYSTIC SOUND SYSTEM

»Wir arbeiten ähnlich wie Bruce Lee. Er kam vom traditionellen Kung Fu und kombinierte für seine eigene Kampfdisziplin Taekwon-Do, verschiedene Kampfsportarten zu einem effektiven Kampfsystem. That's the basic idea of combining styles.« (Dr. Israel)

Keine Angst. In der ARGE-Nonntal gab es keinen als Konzert getarnten Kampfsport-Abend. Auch wenn die Aufforderungen, doch verdammt nochmal Teil einer Party zu werden und nicht einfach sitzend ein Konzert zu konsumieren, da sonst auch die Trumystic-MusikerInnen auf der Bühne sitzen würden, von einer gewissen Militanz geprägt war. Die war jedoch weder gegen das Publikum gerichtet, noch sollte diese Einladung zu einer »Fucking Party!« als plumpe Show-Biz-Animation mißverstanden werden. Viel eher ging es, wie Dr. Israel nach dem Gig erklärt, um Kommunikation. »Eine Trumystic-Show wird von all den Leuten gestaltet, die daran teilnehmen. So war es auch heute.«

Neben Professor Shehabs ultrakryptischer, »Illuminatus!«- und »X-Files« Themen forcierender Baraka Foundation, stellt Dr. Israels Trumystic Label den zweiten, sozusagen etwas zugänglicheren Außenposten des Brooklyner Illbient-Dub/HipHop-»Motherships« WordSound dar, auf dem beide auch als Qabbalah/ Institute Of Dubology veröffentlichen. Für Dr. Israel eine logische Fortführung erprobter WordSound-Guerilla-Taktiken. »Wir machen Musik, von der wir glauben, daß sie zu gewissen Zeiten gemacht werden muß. Trumystic ist zwar songorientierter als WordSound, aber auch bei uns gibt es auf einer Platte alles zwischen HipHop, Drum'n'Bass, Jungle, Dub, Roots-Reggae, Punk und Ska.«

Dieser hybride Mix hat bei Trumystic jedoch nicht nur ästhetische Gründe. Er entspringt eher einem anti-essentialistischen, nicht-hierarchischen Community-Gedanken bei dem es um Verknüpfungen und Koalitionen mit lokal wie global verstreuten Gruppen geht, die, als (afro-)diasporische bzw. minoritäre Gemeinschaften, ähnliche, meist negative, soziale Erfahrungen mit dem Establishment und sich daraus ableitende poltische Praktiken des Widerstands teilen.

»Für uns stellt Dub die Möglichkeit dar eine Art universeller Sprache zu entwickeln, mittels der wir mit den verschiedensten Leuten in Kontakt treten können. Fast alle, die bei WordSound oder Trumystic involviert sind, kommen von sehr unterschiedlichen ethnischen, spirituellen und sozialen Backgrounds. Aber uns verbinden ähnliche Erfahrungen und Ziele.«

Was nicht heißt, daß bei Trumystic ungelöste Widersprüchlichkeiten einfach in den Mix gehauen und mittels Musik entsorgt werden. Dr. Israel: »Unser Stil ist es, keinen Stil zu haben. We want to promote creativity and communication. Roots-Reggae und die Rastafari-Religion sind meine Lehrmeister. Aber das ist nur ein Background unter vielen. Dadurch haben wir auch mehr Möglichkeiten unser Denken und unsere Sicht der Dinge zu verbreiten. Wenn du eine Idee hast und damit kommunizieren willst, nimmst du jene Tools, die dafür notwenig sind. Nur so sind Zusammenschlüsse mit anderen, ähnlich denkenden Menschen möglich. Viele Leute limitieren sich selber, indem sie nur einer speziellen Doktrin folgen aus der sie dann auch nicht mehr raus können.«

Was im Trumystic-Universum ganz ohne geschmäcklerische Crossover-Anbiederung auch Heavy Metal in Form einer Drum'n' Bass-Version des Black Sabbath-Klassikers »The Wizard« miteinschließt. »Ich war schon immer ein großer Black Sabbath-Fan«, so Dr. Israel. »Ihr tiefer Sound ähnelt Dub und ihre schleppenden Grooves klingen wie Dope Beats. Wenn du sie in doppelter Geschwindigkeit abspielst, erhältst du einen Drum'n'Bass-Rhythmus. Ich habe ja auch den Text verändert. Dadurch wird ein bekannter Song zu einem Transportmittel für neue Inhalte. Musikalisch wirkt sich dieser Proze? ebenso auf meine bisherige Sichtweise von Metal wie auf mein Verständnis von Reggae aus. Die einzelnen Elemente potenzieren sich.«