mai 1999

Didi Neidhart

»The Signal of Salzburg«

Spektakel-Spiele für Sylvester 2000

Da haben sich Initiator Siegfried Mitterdorfer (FPÖ) und der Wiener Event-Manager Hannes Jagerhofer aber was ganz Tolles einfallen lassen. Angekündigt wird die »Große Party für den Frieden« (Salzburger Nachrichten) als wäre sie ein Produkt aus einem Warenhauskatalog. Für die Propagandamaschinerie des Sylvester-Spektakels »Signal of Salzburg« ist scheinbar keine Superlative zu abgegriffen. Da muß das »gigantische Friedensprojekt« schon eine »gigantische Dimension« haben bei der alle anderen Städte in der Welt, die Sylvester 2000 auch mit »pompösen Festen und aufwendigen Shows« sowie »bombastischen Inszenierungen« feiern wollen, nur abstinken können. Denn, so versichern die Initiatoren in ihrem gigantischen Größenwahn, »nur ganz wenige werden über die Momente ihrer Durchführung hinaus Geltung behalten - wie »The Signal of Salzburg«. Was durchaus zutreffen könnte. Immerhin befinden wir uns in der »Welthauptstadt der Musik«, wo einst auch Karajan (im Text ehrfurchtsvoll als »Maestro« tituliert) mit der Kultur, die er meinte, Salzburg zur »Kulturmetropole von Weltrang« dirigierte. Auch dürfte die Idee eines »bombastischen« Friedenssignals vor allem in Kreisen der NATO auf Gehör stoßen.

Planeten-Dreh

Ganz abgesehen davon, daß das 21. Jahrhundert mathematisch korrekt erst am 1.1.2001 beginnt, handelt es sich bei dieser Zeitrechnung nur um eine unter vielen. Im eurozentristischen Großmacht-Universalismus (und nicht etwa wegen Computerproblemen) wird daraus jedoch »ein Ereignis von einer globalen Dimension« bei dem »der Blick der ganzen Weltbevölkerung auf dieses einmalige Ereignis gerichtet« ist (ähnlich eurozentristisch gebärdete sich auch schon das »European Art Forum«). Was eigentlich nichts anderes bedeutet, als daß z. B. Moslems, in deren Zeitrechnung es noch nicht 1999 geschlagen hat, die Füße in die Hände nehmen (oder konvertieren) sollten, wollen sie nicht auf der Strecke bleiben, wenn sich »unser Planet in ein neues Jahrtausend dreht«. Vielleicht warnen deshalb die Salzburger Nachrichten die hiesigen Sylvester-Spektakel 2000-Gegner auch nur vor dem »Gelächter der zivilisierten politischen Welt«. Der unzivilisierten Welt kann der 1.1.2000 ja reichlich egal sein.

Interaktive Dia-Show

Damit sich »unser Planet« auch wirklich dreht, wird der Müllnersteg am »malerischen Salzachfluß« als »Brücke in ein neues Zeitalter« mittels »progressivem Desgin« (!) zum schlauchförmigen »Multimedia-Objekt« bzw. zur »High-Tech-Installation« mit einer Kugel in der Mitte. Kommt nun ab dem geplanten Starttermin Ende Juni eine Friedensbotschaft der »Staats- oder Regierungschefs aller Länder der Welt« (die selbstverständlich extra für Salzburg »erstmals ihre private Haltung zu diesem Thema transparent machen« und UNO-Mitglied sein müssen), öffnet sich die Kugel »wie eine Blüte« (Ernst Jünger läßt grüßen) und »begleitet von sphärischer und monumentaler Musik schießt ein Lichtstrahl aus dem Inneren der Kugel durch die Stadt. Dieser wird so lange abgelenkt, bis er auf den Felsen des Mönchsbergs trifft.« Auf dieser »imposanten Naturbühne« aus Fels (auch »Fenster zur Welt« genannt) erscheinen dann »von Kindern gestaltete Friedensflaggen«, was schlußendlich ein »emotionales Spiel der Sinne abseits bloßer Special Effects« (logisch - wir sind ja in Salzburg) entfesseln soll, dessen »Wirkung sich kein Zuschauer entziehen kann«. Abgesehen von der gigantischen Armut einer Idee, die eigentlich nur Francesca Habsburgs 1997er Mönchsberg-Dia-Show »State Of The Art« abkupfert, stellt sich die Frage, was von »Friedensbotschaften« zu halten ist, die zu »monumentaler Musik« von einem »Lichtstrahl« auf eine Felswand geschossen werden und deren martialischer Ankündigungsstil (wohl ganz im Sinne Mitterdorfers, der Salzburgs Kultur- schaffende bekanntlich für »Mimosen« hält) auch auf Lichtdome zu Zeiten »ordentlicher Beschäftigungspolitik« zutreffen könnte.

Europa sendet hingegen ganz andere Signale. Etwa wenn Flüchtlinge ohne Paß laut österreichischem Fremdengesetz 300 Schilling Strafe zahlen bzw. 18 Stunden hinter Gitter müssen, wenn sie der Ausweispflicht für Ausländer nicht nachkommen können und sich somit einer Verwaltungsübertretung strafbar machen, oder für die rot-grüne Regierung des NATO-Mitglieds Deutschland das Boot schon dann voll ist, wenn gerade mal doppelt soviele Kosovo-Flüchtlinge wie in Österreich aufgenommen werden. Was unter »The Signal of Salzburg« konkret zu verstehen ist, erfuhr der Salzburger Stadtgrüne Helmut Hüttinger, als er Mitte April vorschlug, doch ein paar 100.000 Schillinge dafür locker zu machen, damit es in Salzburger Gefängnissen keine Schubhäftlinge mehr gäbe. Dieses Ansinnen wurde von Mitterdorfer postwendend als »Unsinn« abgetan. Konkrete humanitäre Hilfe paßt eben nicht in das Konzept einer präpotenten Selbstinszenierung, die »im Lichterglanz eines großen Feuerwerks via TV und Satellit in alle Welt hinausgetragen« und »auch nach der Jahrtausendwende in Form von regelmäßig stattfindenden Events und Ereignissen über Jahre und Jahrzehnte hinweg weitergetragen werden soll«. Smells like tausendjährig.