mai 1999

Thomas Neuhold
titel

Wir (und) die NATO

27. April 2006: Seit Tagen verdunkeln schwere US-amerikanische und britische Bomberverbände den Himmel über Österreich. Gestartet von deutschen Militärbasen fliegen sie gegen Osten und laden ihre todbringende Fracht über der bulgarischen Hauptstadt Sofia ab. Zur Unterstützung von Bodentruppen, die im humanitären Auftrag die türkische Minderheit in Bulgarien schützen sollen, werden Militärtransporter und Kampfhubschrauber in Linz-Hörsching stationiert. Eine im alpinen Gelände erfahrene österreichische Pioniereinheit bereitet sich auf ihren möglichen Einsatz vor.

Hirngespinste? Hoffentlich.

Wer aber hätte sich vor sieben Jahren träumen lassen, daß kurz vor der Jahrtausendwende NATO-Bomben Jugoslawien in Schutt und Asche legen? Ein NATO-Mitglied Österreich wäre in diesem Fall jedenfalls genauso mit dabei, wie es im Angriff auf Jugo-slawien mit dabei wäre, hätten sich jene durchgesetzt, die seit Jahren den Beitritt zum Nordatlantik- pakt forcieren.

Das NATO-Mitglied Österreich wäre mit dem Krieg gegen Jugoslawien automatisch mit dabei, wenn die NATO politisch die UNO niederbombt, um die insbesonders in den USA wenig beliebte UNO als globale Instanz abzulösen. Österreich würde aber auch mit Staaten in einem Pakt sein, die sich derselben ethnischen Säuberungen schuldig machen, wegen derer angeblich Belgrad in Brand geschossen wurde. Nach internationalen Schätzungen hat das türkische Regime bis zu 4.000 kurdische Dörfer zerstört.

SP-Kanzler Viktor Klima setzt sich zu Recht gegen alle Beitritts-Vorstöße zur Wehr. Auch wenn man/frau die persönliche Ablehnung eines NATO-Engagements vielen SozialdemokratInnen glauben kann, auf Dauer sollte man/frau sich darauf nicht verlassen. Es ist ein Sozialdemokrat, der wieder deutsche Soldaten am Balkan in den Krieg schickt. Es sind sozialdemokratische Regierungen in Rom, Paris und London, die die neue NATO-Doktrin von der militärischen Welt-Ordnungsmacht mittragen.