juni-juli 1999

Thomas Neuhold
wenn und aber

Der gütige Kapitalist

Es war ja nicht anders zu erwarten: Nach Ober-, Niederösterreich und nach Kärnten mußte Magna-Konzernchef Frank Stronach irgendwann auch einmal nach Salzburg kommen, um uns mit einer seiner Ideen zu beglücken. Hierzulande ist es zwar keine Weltkugel, aber immerhin eine »Märchenerlebniswelt«. Stronach hat es geschafft, die Gemeinde Wals-Siezenheim, Sport- und Kulturlandesrat Othmar Raus (SPÖ) und Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) zu überzeugen, den geplanten Neubau des Fußballstadions in Kleßheim mit einer »Märchengrottenbahn« zu kombinieren.

Die Gesamtkosten des Projektes liegen bei 1,4 Milliarden Schilling, 51 Prozent der Errichtungsgesellschaft für das Märchenstadion sollen im Eigentum von Magna bleiben. Daß bis Ende Mai weder ein inhaltliches Konzept, geschweige denn eine Finanzkalkulation vorlag, schien keinen der euphorischen Stronach-Jünger wirklich ernsthaft zu stören.

Stadt steigt aus

Im Gegenteil, Schausberger und Raus nahmen für die Märchenbahn sogar ernsthafte Konflikte mit ihren jeweiligen Stadtparteiorganisationen in Kauf. ÖVP-Vizebürgermeister Karl Gollegger hat von dem Deal mit Stronach ebenso erst aus der Zeitung erfahren wie die SPÖ-Funktionäre oder die Anrainer in Taxham. Schausberger und Raus zeigten deutlich, wie die große Koalition auf Landesebene in Hinkunft mit ihren Untertanen umzugehen gedenkt.

Während Gollegger wenigstens darauf verweisen kann, ohnehin immer zu den Stadionskeptikern gehört zu haben, ist die Geschichte für SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden verdammt unangenehm. Schaden mußte angesichts der massiven Anrainerproteste und angesichts der ablehnenden Stimmung bei ÖVP, FPÖ und Bürgerliste die 100-Millionen-Beteiligung der Stadt am Stadionbau in der Nachbargemeinde Wals vorerst auf Eis legen.

Die Stadt-SPÖ konnte einfach nicht anders, obwohl sie damit ihrem eigenen Stadtparteiobmann Raus in den Rücken fiel. Denn stimmen die Ankündigungen des »Märchenonkels«, werden pro Tag durchschnittlich 4.000 Besucher in den Themenpark kommen. Mit dem Auto. Für den ohnehin durch Europark, Autobahn und Monstersiedlungen schwer belasteten Stadtteil Taxham ist dieses Verkehrsaufkommen dann endgültig zuviel.

Der Brutalo-Kapitalist

Ob sich Stronachs vollmundige Ankündigung wirklich durchsetzen läßt, war bis Ende Mai aber noch fraglich. Mittlerweile ist nämlich selbst bei einigen der anfänglichen Befürworter die erste Begeisterung schon dahin. In Beamtenkreisen wird hinter vorgehaltener Hand vor allem das Fehlen jeglicher Projektunterlagen für die Grottenbahn kritisiert. Niemand weiß, was in dem Themenpark geschehen soll, niemand kennt Kalkulationsunterlagen.

Der wohl gewichtigste Einwand kommt aus der SPÖ. Gemeinderatsklubchefin Susanne Neuwirt fragt offen, wer denn eigentlich das Risiko trägt, wenn der Märchenpark vom Publikum nicht angenommen wird. Neuwirt spricht dabei das zentrale Problem jedes Stronach-Engagements an. An das Märchen vom gütigen Kapitalisten glaubt sie offensichtlich nicht.

Zu Recht, denn der Austro-Kanadier ist ein knallharter Geschäftsmann. Zuletzt demonstrierte er die Funktionsweise seines Rambo-Kapitalismus US-amerikanischer Prägung in Steyr. In salbungsvollen Worten pries er vor der Politik seine Firmenphilosophie von der Arbeiterbeteiligung und versprach neue Arbeit nach Steyr zu bringen. Wenige Monate nach der Übernahme von Steyr dann das böse Erwachen: Nachdem Steyr verdaut war, wurden die Leute auf die Straße gekotzt. Es kam zu Massenentlassungen im Bereich der Antriebstechnik. Auf Kritik von seiten der oberösterreichischen Landespolitik und der Gewerkschaften, die Stronach an seine Versprechen erinnerten, reagierte er unwirsch: Das »können wir nicht gebrauchen«, ließ er Wirtschaftslandesrat Christoph Leitl (ÖVP) über die Medien ausrichten.

Froschkönig statt Guggenheim

Es gibt eigentlich keinen Grund, warum sich Stronach wenige Kilometer weiter anders verhalten sollte. Macht aber auch nichts. Lassen wir uns eben über den Tisch ziehen. Hauptsache wir haben eine Plastik-Cyber-Hyper-Erlebniswelt, mit der wir unseren Nachkommen die Märchen ihrer Urgroßeltern in verkitschter Form vorsetzen. Was für eine Kultur! Für die Jahrhundertchance Guggenheim waren sich die Salzburger zu gut, da haben wir lieber ein paar Plastikfiguren, die lustig mit den Ohren wackeln. Was für eine Politik!