juni-juli 1999

kurzfehler

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Salzburgs Freiheitliche sorgen sich neuerdings um die Gemütslage von KulturveranstalterInnen und deren Gästen. Der Begriff »Jazzgeriatrie« sei ein ach gar garstig Wort, empört sich FPÖ-Stadtvize Siegfried Mitterdorfer in einer Presseaussendung. Diesen – pfui! pfui! – medizinischen Begriff hatte Bürgermeister und Kulturressortchef Heinz Schaden (SPÖ) im Zusammenhang mit dem »Salzburger Jazzherbst« von Johannes Kunz in einem »kunstfehler«-Interview gebraucht. Schaden solle sich bei Kunz für die Beleidigung entschuldigen, verlangt er. Ausgerechnet! Ist er nicht Vertreter jener Partei, die zu jeder Gelegenheit zu einem verbalen Ausfall gegen Kulturschaffende bereit ist? Also im Klartext, Herr Mitterdorfer: Wenn’s ums Entschuldigen geht, nach Ihnen.

Die Klause feiert ihren ersten Geburtstag. Vor rund einem Jahr wagten Lele Vogl – Gastronomin, Multitalent - und Fritz Kohles – Postler, Wirt, Gewerkschafter - das Experiment, die ehemalige Bacchus-Klause am Ursulinenplatz als Salzburger Wirtshaus wiederzueröffnen. Seit zwölf Monaten ist nun die Klause ein idealer Ort, um sich hinter einem Bier (Murauer!) zu verstecken, mit anderen wildfremden Zechern an der einladenden Theke zu stranden oder sich einfach der Kohles’schen Musikmischung zwischen Qualtinger und Orff hinzugeben. Der »kunstfehler« gratuliert.

Silvester 2000 kann nun also ohne martialisches »Signal Of Salzburg« gefeiert werden. Auch wenn die Stadt für das von FPÖ-Gemeinderat Siegfried Mitterdorfer initiierte 25 Millionen-Spektakel kein grünes Licht gab, kann jedoch nicht unbedingt die Rede davon sein, die ganze Angelegenheit sei gerade noch mit einem blauen Auge überstanden worden. Dafür wiegen die Millionenbeträge, die vor (und zwar ohne unterschriebenem Vertrag!) sowie nach der Absage des »Signal Of Salzburg« auf das Konto des Wiener Event-Managers Hannes Jagerhofer und seiner Firma ACTS geflossen sind, einfach zuviel. Als Ultra-Short-Version ist das Silvester 2000-Spektale nun jedenfalls beim frischgebackenen ÖVP-Vizebürgermeister Karl Gollegger gelandet und beschränkt sich hauptsächlich auf einen von »The Signal of Salzburg« übernommenen Friedenspreis für Musik. Zusätzlich sind diverse humanitär ausgerichtete Veranstaltungen geplant. Daß aus derartigen Schildbürgereien jedoch so gut wie nichts gelernt wird, zeigt sich momentan eindringlichst bei der von ÖVP-Landeshauptmann Franz Schausberger, SP-Sportlandesrat Othmar Raus und dem Walser Bürgermeister Ludwig Bieringer propagierten Idee, sich vom austrokanadischen Milliardär Frank Stronach eine Märchenwunderwelt beim Schloß Kleßheim errichten zu lassen. Kaum ist das eine Spektakel den Bach runter, wird schon das nächste aus dem Hut gezaubert.

Freunde müßt ihr sein - und einen Verein gründen. Johannes Kunz setzt seinen Salzburger Aktivitäten noch ein Krönchen auf. Ein »Verein der Freunde des Salzburger Jazz Herbstes« wurde jüngst gegründet. Wir begrüßen als Aktive im Vereinsleben: Sylvia Eisenberger-Kunz, Elisabeth Gürtler, Helmut Lohner, David Cameron und einen allseits bekannten Freund der Moderne: Gerd Bacher.

Ziel des Vereins, so Präsident Himmer: spezielles Service für Mitglieder, Fund-raising Aktivitäten und die Bemühung um Sponsoren. Wenns nur dabei bleibt!

Gespräche gegen das Vergessen. Am Donnerstag, den 1. Juli, findet im Filmkulturzentrum DAS KINO um 20.15 Uhr die Präsentation einer Video-Dokumentation statt, in der sich Zeitzeugen an den (organisierten) Widerstand gegen die Nazi-Diktatur erinnern.

Die beiden kunstfehler-Mitarbeiterinnen Uli Ramsauer und Romana Klär holen mit ihrem Film »Gespräche gegen das Vergessen« Erinnerungen der WiderstandskämpferInnen Maria Schubert, Eduard Goldmann und Karl Steinocher in die Gegenwart zurück. Die Kamera für dieses Zeitdokument, das im Studio West produziert wurde, führte der Filmemacher Hermann Peseckas.

Die Sterne stehen schlecht für Minderheiten. Das gilt auch für die grüne Minderheit im Landtag, deren Rechte als Oppositionspartei derart drastisch beschnitten wurden, daß von sinnvoller Oppositionspolitik kaum noch die Rede sein kann.

Seit der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags gilt eine Partei mit nur zwei Abgeordneten nämlich nicht mehr als Club. Für Dringlichkeitsanträge und Anfragen an die Regierung während einer Landtagssitzung brauchen die Grünen die Unterstützung einer anderen Partei. Doch damit nicht genug. Die Grünen bekommen für ihre Arbeit im Landtag jetzt derart wenig Geld, daß sie sich möglicherweise nicht einmal einen eigenen Pressereferenten leisten können. Somit ist sogar das Türl für die eigentlich außerparlamentarische Oppositionsarbeit zugeschlagen.

Zum Glück für die Grünen ist in Sachen Geschäftsordnung aber das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn - peinlich für den Landeslegisten Ferdinand Faber - die neue Geschäftsordnung ist nicht verfas-sungskonform. In der Landesverfassung sind die Rechte der einzelnen Abgeordneten nämlich unzweideutig festgeschrieben. Seit dieser Widerspruch aufgezeigt worden ist, wird von manchen rot/schwarzen Abgeordneten gar über eine Änderung der Landesverfassung laut nachgedacht. Das ist, als würde man die Menschenrechtskonvention ändern, damit der Fall Omofuma leichter zu den Akten gelegt werden kann.

Das Tempo der Kunst im neuen Millennium wird langsamer. Davon gaben sich Galeristen, darstellende Künstler und Museumsdirektoren bei einer Diskussion überzeugt, zu der Nobelgalerist Thaddäus Ropac kürzlich geladen hat. Dort wurde von internationalen Ausstellungen mit vier statt vierhundert Bildern berichtet. Immer mehr Ausstellungsmacher respektieren die Grenzen des menschlichen Aufnahmevermögens und machen gegen das, so Peter Weiermeier vom Rupertinum, Event-Unwesen mobil.

Immer klarer wird: Ein Kunstwerk ist dann gut, wenn es unterschiedlich deutbar, also vielschichtig ist. Lorand Hegi, Direktor des Museums für moderne Kunst in Wien, prophezeit sogar - der Multi Media-Art zum Trotz - eine Renaissance von Pinsel und Bleistift.