juni-juli 1999

Christoph Lindenbauer
gehört

IST DER PULS DER ZEIT ALTERSSCHWACH ?

Die legendäre New Yorker Knitting-Factory ist seit vergangenem April nicht mehr ausschließlich die Spielwiese der amerikanischen Musik-Advantgarde. Mit dem Schlagzeuger und Percussionisten Robert Kainar ist der erste Salzburger in den Gral dieses exclusiven Musikerzirkels eingedrungen, in dem bislang höchstens noch ein paar britische Musiker um Platten- und Image-Pfründe mitraufen durften.

Seit mehr als 20 Jahren ist die Knitting-Factory die weltweit führende Brutstätte der musikalischen Advantgarde, aus deren pulsierendem Gebräu sich viele jener Musiker genährt haben, die schon heute als stilprägend gelten und das Platten- und Festivalgeschäft dominieren wie sonst nur Microsoft den Computermarkt. Den Fuß in die Tür zum Tempel der »contemporary music« hat Robert Kainar mit Hilfe des seit Jahren in New York lebenden österreichischen Saxophonisten Gottfried Stöger und mit Hilfe des österreichischen Kulturinstitutes geschoben. Bei der offiziellen Vertretung der österreichischen Kultur in Amerika setzt sich offenbar die Erkenntnis durch, daß Österreich mehr ist als Sound of music und die Wiener Sängerknaben. Folgerichtig hat der Kulturattaché in New York die Flugtickets für Robert Kainar springen lassen. Die mit Anfragen aus aller Welt förmlich zugeschütteten Knitting-Factory-Bosse haben sich von Robert Kainars Band Dreamhunter und deren neuer CD »Pleasures« zwar nicht zum Bezahlen einer Gage, aber immerhin zu einem Engagement überzeugen lassen, obwohl die Band rund um Kainar und Stöger eigentlich dem in Advantgarde-Kreisen verpönten Main- stream-Jazz verpflichtet ist. Zeigt das Eldorado der Advantgarde Altersmüdigkeit, oder haben sich die Alpenjazzer tatsächlich an den Puls der Zeit gespielt? Hören Sie: Dreamhunter: »Pleasures« / aume LC 8142.