juni-juli 1999

Christoph Lindenbauer
gehört

ADD N TO (X) Avant Hard Mute

EMI

Eigentlich müßte die zweite CD des britischen Electronic-Rock'n'Roll-Trios Add N To (X) als posthume Hommage an die opulenten Cinemascope-Visionen des unlängst verstorbenen Meisterregisseurs Stanley Kubrick (»Clockwork Orange«, »2001«) gelesen werden. Erinnert doch ihr Mix aus Kraut-Elektronik, Kitsch, Rock'n'Roll, Punk und Prog-Rock nicht selten an imaginäre, Science Fiction-hafte Pop-Art-Filmsoundtracks. Wobei Add N To (X) mit ihren selbstgebastelten Analog-Synthesizern weniger auf obskure Retro-Geisterzüge setzen, als vielmehr dort ansetzen, wo es zu ersten Begegnungen zwischen Elektronik und Popmusik gekommen ist (Silver Apples, The United States Of America, Suicide oder bei Elektronik-Pionieren wie Pierre Henry und Jean Jacques Perrey). Klar schwirren auch hier französisch-italienische Sixties-Melodien durch die Stromkabel und kommen auch geeichte, Ennio Morricone grüßende Italo-Western-Melodien (mal als Chor, mal gepfiffen) zum Einsatz. Doch Add N To (X) samplen all dies nicht, sondern rekonstruieren diese Sounds und Melodien unter veränderten Bedingungen, bei denen weniger absichtliche Referenzen als zufällige Referenzmuster produziert werden. Dementsprechend hat die Analog-Ideologie von Add N To (X) auch nichts mit Nostalgie, dafür umsomehr mit schnellen und nicht immer voraussehbaren Zugriffsmöglichkeiten auf Sounds und deren Konstruktionsbedingungen zu tun. Dieses »interaktive« Element wird auch durch zusätzliche Live-Drummer (aus den naheliegenden High Llamas/Stereolab-Umfeld) unterstrichen. Futuristischer Instrumental-Rock'n'Roll »to collapse the boundaries of rock'n'roll«. Im Zweifelsfall fragen Sie einfach Add N To (X)-Fans wie Jon Spencer.