dezember 1999

Doc Holliday

Neue Kontroverse um die Wehrmachtsausstellung

Der« kf« sprach mit Günther Sandner, einem der Organisatoren der Ausstellung »Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944« in Salzburg.

Am 4. November haben die Ausstellungsmacher, das Hamburger Institut für Sozialforschung, eine vorübergehende Einstellung der Wanderausstellung bekanntgegeben. Ist die Entscheidung aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?

• Angesichts dieses Beitrages des polnischen Historikers Bogdan Musial in der Oktoberausgabe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, in dem doch sehr substantielle Kritik an 12 Bildlegenden geübt wird, ist dies gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund ist es sehr positiv zu bewerten, dass jetzt eine HistorikerInnenkommission eingesetzt wird. Die Ausstellung gibt es seit 1995. Eine fundamentale Überprüfung der methodischen und quellenkritischen Dimension ist angebracht.

Das ist die Position der Wissenschaft. Die Wehrmachtsschau ist aber auch in einen politischen Diskurs eingebunden. So jubelte die Kronen Zeitung über das »Aus« und die »mangelnde Glaubwürdigkeit« der Ausstellung. Wie bewerten Sie die Bedeutung dieser Haltung?

• Das ist, wie alles, was die Krone in diesem Zusammenhang geschrieben hat - nicht ernst zu nehmen und reine Stimmungsmache. Sie zitieren in der Regel indirekt aus der FAZ, aus dritter Hand. Wichtig ist festzuhalten, dass durch eine methodische Quellenkritik die Gesamtaussagen der Ausstellung nicht gefährdet sind. Nämlich, dass die Wehrmacht an einem Vernichtungskrieg teilgenommen hat.

Aber ist nicht die FAZ ein Teil des Problems. Die breite Koalition gegen die Schau reicht doch vom Boulevard bis zum bürgerlichen Feuilleton.

• Da muss sehr unterschieden werden. »Die Zeit« etwa hat die Ausstellung immer wohlwollend unterstützt.

Haben sich nach der Veröffentlichung des Musial-Textes nicht auch die (links)liberalen Medien von der Ausstellung etwas distanziert?

• Da möchte ich zwei Gegenbeispiele nennen. Die »Zeit« und den »Standard«. Dort wurde klar festgestellt: wissenschaftliche Kritik ist gerechtfertigt; die eigentliche Aussage wird aber davon nicht berührt.

Glauben Sie, dass die korrigierte Ausstellung wieder eröffnet werden wird?

• Davon bin ich überzeugt.

Zur Debatte um die Ausstellung in Salzburg ein Literaturtip:

HELGA EMBACHER/ALBERT LICHTBLAU/GÜNTHER SANDNER (Hrsg.): »Umkämpfte Erinnerung«. Die Wehrmachtsausstellung in Salzburg. Residenz Verlag, Salzburg 1999.