november 1999

Doc Holliday
schön und gut

Schön(e Leich) & Gut (schmausen)

Berufe mit Zukunft: Leichenwäscher, Totengräber und Bompfinewera. Teil Eins

November und Tod, das gehört zusammen wie Sarg und Nagel. Generell bemühen sich die Menschen unangenehme Dinge zu verdrängen. Die regelmäßig wiederkehrende Umwandlung von organischer in anorganische Materie weckt immer noch allerlei abergläubische Ängste und Tabus. Es gibt nur wenig Filmaufnahmen, die Menschen zeigen, die eines natürlichen Todes sterben. Sie zerstören die Illusion von Ewigkeit und Ordnung und all die beruhigenden Sicherheiten wie Macht, Wohlstand und Ideologie. Eines Tages klopft aber Gevatter Hein Schnitter an jede Tür. Todsicher. Da gibt es dann keine Klassenschranken mehr. Ob reich oder arm, vor dem Sensenmann sind wir alle gleich. Stimmt und auch wieder nicht. Hat man nämlich weder Angehörige, die sich um ein Begräbnis kümmern, noch die nötige Marie, dann wartet das einfachste Holzpyjama und ein schmuckloses Armengrab. Bei den beruflichen Annäherungen an den Leichnam gilt als oberstes Gebot: der Amtsweg muss in jedem Falle eingehalten werden. Zuerst kommt ein Arzt, danach der Totenbeschauer, der den Tod offiziell feststellt. Amtlich hinüber ist man nicht, wenn man sich nicht mehr rührt, sondern wenn die Totenflecken sichtbar werden. Der Totenbeschauer stellt auch den Leichenbegleitschein aus. Liegt dieser vor, so können die »Betriebsgehilfen« des Bestattunginstituts ein- bzw. zugreifen. Die Leichen werden bei knapp fünf Grad Celsius in den Kühlboxen zwischengelagert. Danach erfolgt - unter dem Motto: auch ein steifer Kunde ist König - das Abwaschen mit Wasser, ein letztes Rasieren des Gesichts und das Anziehen der Kleidung. Möglichst ohne dem Toten alle Knochen zu brechen. Entgegen dem landläufigen Vorurteil lässt die Totenstarre nach einigen Stunden wieder nach, wenn sich auch die frühere Gelenkigkeit nicht mehr wirklich einstellen will. Geschminkt werden Verstorbene nur selten. Häufiger schon wünschen sich die Angehörigen das Aufsetzen von Perücken. Hernach geht es ab in die Kiste. Der Dienst an der Menschheit, den Bestattungsgehilfen unzweifelhaft leisten, wird nur selten anerkannt. Das Image ist schlecht, öfters fällt das böse Wort vom Leichenfladerer. Verglichen mit Zahnärzten, Türstehern und Henkern, die unter ihren Berufen leiden, da sie aus dem Schlaf hochschrecken, weil sie die Flüche und Schreie ihrer Opfer zu hören glauben, ist der Bestattungsberuf doch recht solide. Und dass die Betriebsgehilfen sich schon bei Die-nstantritt ein Viertel Inländer gönnen, ist auch nur so ein Gerücht. Demnächst an dieser Stelle: über Totengräber, Heizer und den Spaß beim Leichenschmaus. Passen Sie gut auf sich auf.