november 1999

Doc Holliday
zu gast

Taj Mahal

Das im 17. Jahrhundert erbaute indische Grabmal Taj Mahal ist ein Denkmal der Liebe. Ein liebenswürdiges Monument ist auch der afroamerikanische Musiker gleichen Namens, der als Henry Saint Claire Fredericks 1942 in New York geboren wurde. Anfang der 60er Jahre spielte er kurzzeitig in einer Band, deren Mitglieder sich nach den Weltwundern benannten. Der Name des Tempels blieb dabei am jungen Henry hängen. Musik begleitete ihn seit frühester Kindheit: die Mutter eine Gospelsängerin aus South Carolina, der Vater ein westindischer Jazzpianist. »Aufgewachsen bin ich in New England. Meine Roots liegen aber auf der Karibik-Insel St. Kitts, einer ehemaligen britischen Kolonie,« betont Taj im kf-Gespräch. 1964 zog er an die US-Westküste und gründete dort zusammen mit einem 17-jährigen Freund namens Ry Cooder die Band The Rising Sons. Zu dieser Zeit spielte Taj einen knochentrockenen Elektro-Blues. Und alle damaligen Rock-Jungspunde verehrten den schwarzen Meister. Auf Einladung der Rolling Stones, die Mahal in ihrem legendären Musikfilm »Rock 'n'Roll Circus« dabei haben wollten, besuchte er 1968 erstmals Europa. »Ich spielte gerade Mundharmonika, dann öffnete ich meine Augen und blickte nach unten ins Publikum und sah die Stones und einige der Animals tanzen. Eric Clapton und andere Rockmusiker waren im Publikum.« 31 Jahre und fast 40 LPs später absolviert Taj in der ARGE seinen zweiten Salzburg-Auftritt. Zur musikalischen Begleitung auf dieser Tour reaktivierte er die gut 20 Jahre stillgelegte International Rhythm Band mit Musikern aus Jamaika, Trinidad/Tobago und den USA. Die Spurensuche in den Archiven der schwarzen Musiktraditionen ließ aus Mahal aber keinen Retro-Künstler werden. Es geht ihm nicht um eine möglichst nahe am Original befindliche »notengetreue« Wiedergabe, sondern darum, die Botschaft der Musik zu vermitteln. Richtig ärgerlich wird der muskulöse Multiinstrumentalist, als die Frage auf den Stellenwert des Blues in der heutigen Zeit kommt. Schon seit seinen ersten musikalischen Gehversuchen verweigert sich Mahal den Tendenzen, diesen Stil bloß ins historische Eck zu stellen. »Hören wir doch auf zu sagen, daß dieses Genre tot ist. Das ist nur etwas, was uns Musikwissenschafter glauben machen wollen. Dabei gibt es heutzutage etliche Musiker, die die Tradition weiterführen und -entwickeln, z. B. Corey Harris, Ben Harper, Eric Bibb. Und diese Liste könnte ich noch fortsetzen. Aber was wissen schon irgendwelche Managertypen bei den großen internationalen Musikkonzernen.« Dem kann nicht widersprochen werden. Für den November ist Taj Mahal mit seinem Afrika-Projekt übrigens wieder zu Konzerten in Österreich angesagt. Watch Out wegen der Termine und Orte.