november 1999

Hans Lindenbaum

Bahnhof & Beziehungskrisen

Am Hauptbahnhof machen Stadt, Land, ÖBB und Post einander das Leben schwer

Ein Teilbereich aus Naturstein, mit Hainen und Brunnen. Der andere Teil aus provisorischem Asphalt, darauf Leute, die im Regen stehend auf Überlandbusse warten. So präsentiert sich der Platz vor dem Salzburger Hauptbahnhof in der nächsten Zeit. Für wie lange, das kann im Augenblick niemand sagen. Denn aus der Schicksalsgemeinschaft der Bauherren Stadt, Bundesbahnen und Post hat sich der Postfuchs vorübergehend zurückgezogen. Keine Rede mehr von repräsentativen Gebäuden, die den Südtiroler Platz auf seiner vierten Seite flankieren. »Wir haben von der Stadt nicht die Möglichkeiten bekommen, die wir wollten«, sagt man bei der Post. Der Paketdienst übersiedelt nach Wals, die Briefträger machen sich weiterhin vom Bahnhofspostamt aus auf ihre Tour. Immobilienmakler versuchen, Grundeigentum der Post zu verkaufen. Was die Bus-Fahrgäste betrifft, spielt die Post den Ball an die Kollegen vom Bahnbus weiter: »Da sind längere Gespräche nötig.« »Die Stadt müsste Bahn und Post zivilrechtlich auf Einlösung des Vertrages klagen«, sagt man mit Blick auf den Winter im Magistrat. Das Land schweigt.

Das Bauvorhaben Bahnhofsviertel als unendliche Geschichte - ein weiterer Akt steht an.

Bundesbahnen im Büßerkleid

Blick zurück in den Mai. Unter dem Motto »vom Milieu zur Marke« präsentieren Bürgermeister Heinz Schaden, Stadtrat Johann Padutsch und der Generaldirektor der Bundesbahnen, Helmut Draxler, einen Hauptbahnhof, der nicht wieder zu erkennen ist (siehe »kunstfehler« Juni/Juli). Postmoderne in Glas und Stahl statt muffiger, verwahrloster Winkel. Auflagen des Denkmalschutzes seien beim Siegerprojekt des Grazer Architekten Klaus Kada berücksichtigt, sagt damals Norbert Lengauer von den ÖBB. Landeskonservator Walter Schlegel wundert das: »Kada hat ohne jede Einschränkung einen Idealzustand geplant.«

Nunmehr steht fest: Auch der Gebäudekern auf dem 1909 fertiggestellten »Centralperron«, heute Inselbahnsteig genannt, muss bleiben: »Das Bahnsteiggebäude ist in reduzierter Form stehen zu lassen, ohne die späteren Zubauten wie den Imbissstand«, sagt der Landeskonservator. Den Vorschlag der ÖBB, die schützenswerten Gebäudeteile wie den Speisesaal abzutragen und an geeigneter Stelle wieder zu errichten, habe das Bundesdenkmalamt abgelehnt. Nach dem Eklat im Frühjahr versuchen jetzt die ÖBB, beim »Steckenpferd des Generaldirektors« Bedarf und Denkmalschutz unter einen Hut zu bringen. Für die renovierte Straßenfront des Bahnhofsgebäudes im dokumentierten Farbton haben sie sich schon einen Pluspunkt erworben.

Die Kaiserin hat gute Karten

Seit Mitte Oktober gibt es einen Vorschlag des Kulturamtes für das weitere Vorgehen auf dem »Steinernen Platz«. Vier Punkte werden dem Gemeinderat zum Beschluss empfohlen: die »künstlerische Gestaltung«, das Heimholen des Sisi-Denkmals von Hellbrunn vor das Hotel Europa »in Analogie zur historischen Situation«, Varianten für ein Mahnmal des Antifaschismus und die Ausschreibung für einen internationalen Wettbewerb »auf höchstem Niveau« für einen Entwurf. Dem Mahnmal liegt ein bindender Beschluss des (vorangegangenen) Gemeinderates zugrunde. In Betracht kommende Themen des Denkmals: gegen Gewaltherrschaft, gegen Faschismus, gegen den Nationalsozialismus oder eine Gedenkstätte für jene Eisenbahner, die wegen ihres Widerstandes während der NS-Diktatur hingerichtet worden sind.

Neben anderen Vorschlägen weist der Amtsbericht auf zwei Denkmäler hin, favorisiert diese aber nicht: Einerseits gibt es einen Entwurf der Architektin Grete Schütte-Lihotzky aus den fünfziger Jahren; anderseits das Denkmal des Bahn-Ingenieurs Carl Wurmb, das unversehens zur Verkehrsinsel wurde (siehe Seite 23).

Der Kino-Komplex kommt

»Wenn schon, dann am besten dort, wo alle Linien zusammenlaufen«, sagen die Stadtplaner zur Neubelebung der »Lebensmittelwerke Union« als Kino-Palast. An den historischen Bauteil, der unter Denkmalschutz steht, soll sich ein »hochwertiger« Trakt anschließen, der mit einem Lichtermeer das Publikum lockt.

Länger wird es dauern, bis die Elisabeth-Vorstadt als Lebensraum aufgewertet ist. Spätestens ab dem Frühjahr sollte der Autoverkehr von den engen Vorstadtstraßen weg auf die Parcours-Tour über den Bahnhofsvorplatz geleitet werden. Geänderte Verläufe von Vorrangstraßen sollen dabei sanften Druck ausüben. Im Kontext mit dem Autobahn-Halbanschluss Hagenau geht es schließlich innerhalb von drei Jahren darum, Schienen und Straßen zwischen Itzling und Elisabeth-Vorstadt zu entwirren.

Bei allen diesen Vorhaben gelte: Kein Vergleich mit Bahnhofsvorplatz und anschließender Rainerstraße. Beide sind Eigentum der ÖBB. Und die könnten dort »immer mitreden«, sagen die Stadtplaner. Auch das habe alles so schwer gemacht. Beißt sich nun die Stadt an der Post die Zähne aus?