november 1999

Ein Alt-68er erinnert sich

Damals waren wir eine »Randgruppe«, extrem »links«, geliebt, gehaßt und mehr und mehr gefürchtet. Wir wollten frei sein, anderen helfen sich auch zu befreien.

Wir erreichten sehr viel, und von all dem Erreichten profitieren heute auch die, die uns damals als »Volksverderber« angeklagt, verurteilt und umgebracht hätten. Wir begannen damals unsere eigene Zeitung.

Obwohl alle extrem »links« waren, übernahmen wir Inhalt, Stil und Form weder von der sowjetischen »Prawda«, noch vom »Chinesischen Volksblatt« und kamen damit an. Zuerst allerdings gab es Schwierigkeiten, weil wir den Fehler machten, dem Hass gegen uns mit gleichem Hass zu antworten. Dann fanden wir heraus, dass unsere Wut eigentlich nur unsere Hilflosigkeit äußerte und wir begannen damit, alles was unseren »Feinden« gut und heilig war – vor allem ihre sittlich- moralischen »Werte«! – zu karikieren, lächerlich zu machen. Von da an ging’s bergauf!

(…) Wer wissen wollte, ob man vom Küssen schwanger werden, wer Brigitte Bardot nur mit einem Handtuch verhüllt als lebensgroße Papierpuppe haben wollte, kaufte sich die »Bravo«. Wer wissen wollte, wie man das verhasste Establishment am besten verarscht, kaufte und las »pardon«, »konkret«… wer wissen wollte, wo und wie man allen Verboten zum Trotz »abtreiben« konnte, nach Adressen suchte, um Gleichgesinnte zu finden, wo man billig gut schlafen, essen, trinken konnte… dafür gabs die »Rote Post«, usw., Kommunen schoßen aus dem Boden, etwas später kamen die »Antiautoritären Kinderläden« hinzu, die mühsam erkämpfte »Freie Liebe« hatte oft Folgen und diese Kinder sollten bereits von kleinauf zu richtigen, guten Revoluzzern erzogen werden.

1969, als Erzieher für österreichische Kinder untragbar geworden, baute ich mit GenossInnen in der Nähe von Reichenhall so einen »AA« auf. Es klappte ganz gut.

Die Kinder der braven Eltern kamen, um unsere wild und nackig zu sehen, unsere ließen sich gerne von den braven Kindern einladen, weil es dort was Gutes zu Essen gab. Bei uns wurde nur gegessen, wenn wer Hunger hatte. Aber auch nur gekocht, wenn wer Lust dazu hatte und so gab es oft das, was es an der nächsten Straßenecke fertig und billig zu kaufen gab. Im gleichen Jahr installierten wir hier in Salzburg die »Kommune 1«.

Das ist ein Auszug eines Textes von »Mao« –

nachzulesen im November-Asfalter.